TV-Tipp: "Viele Kühe und ein schwarzes Schaf" (ARD)

- Alter Fernseher vor einer Wand
Foto: Getty Images/iStockphoto/vicnt
TV-Tipp: "Viele Kühe und ein schwarzes Schaf" (ARD)
17.1., ARD, 20.15 Uhr
Die Titel der Freitagsfilme im "Ersten" sind schon seit Jahren Geschmackssache. Im Fall von "Viele Kühe und ein schwarzes Schaf" ist zwar die Häufung von Vierbeinern völlig angebracht, schließlich handelt es sich bei den drei Hauptfiguren ausnahmslos um Tierärzte, aber zumindest über das schwarze Schaf lässt sich streiten: Im Grunde ist Martin Müller (Oliver Konietzny) nicht mal aus der Art geschlagen.

Genau genommen hat der junge Mann sogar das Zeug zur Koryphäe; er kommt bloß nicht dazu, seine Anlagen auszuschöpfen, weil er sich immer wieder selbst im Weg steht. Deshalb hat seine Mutter (Barbara Philipp) eines Tages eine Idee, die gut gemeint ist, aber fatale Folgen hat, denn letztlich ist Volker Krappens Geschichte eine Moritat: Wenn Kinder anders geraten sind als erhofft, müssen Eltern lernen, damit zu leben; und von diesem Lernprozess handelt der Film.

Krappen gehört zu den Autoren, die vor einigen Jahren für die neue Philosophie der ARD-Tochter Degeto standen: Plötzlich waren am Freitag Stoffe möglich, die vorher undenkbar waren. Exemplarisch in dieser Hinsicht war "Vier kriegen ein Kind" (2015), eine Gesellschaftskomödie über zwei Frauen und zwei Männer, die zu viert Eltern werden. Zuvor hatte Krappen für die Degeto die liebenswerten Komödie "Kleine Schiffe" (2013) geschrieben; Hauptfiguren waren zwei Mütter, die eine noch ziemlich jung, die andere schon länger nicht mehr (Aylin Tezel, Katja Riemann), die Freundinnen werden, obwohl sie eigentlich wie Feuer und Wasser sind. Regie führte jeweils Matthias Steurer ("Zimtstern und Halbmond"), der bereits zu Zeiten der "alten" Degeto oft genug bewiesen hat, dass sich aus vermeintlich schlichten Stoffen anspruchsvolle Filme machen lassen. 

Auch der Handlungskern von "Viele Kühe und ein schwarzes Schaf" ist im Grunde einfach: Weil Veterinär Martin in der Praxis gescheitert ist, hat er sich der Theorie verschrieben. Als er die Frist für die Verlängerung seines Stipendiums versäumt, gleicht sein Dasein einem Scherbenhaufen, denn Freundin Tessa (Sarah Hannemann) hat nun endgültig die Nase voll davon, dass er ständig über die eigenen Füße stolpert. Mutter Beate hat einen ihrer Ansicht nach rettenden Einfall, als ihr Mann bei einem Termin im Kuhstall der Arm eingequetscht wird. Henning (Matthias Brenner) kommt zwar mit dem Schrecken davon, aber Beate überredet ihn zu einer Scharade: Weil er sich angeblich den Arm gebrochen hat, soll Martin einspringen. Das Ehepaar hat irgendwo in Niedersachsen eine gemeinsame Landtierarztpraxis, sie für Kleinvieh, er für Großvieh. Martin tut seinem Vater den Gefallen, aber nun zeigt sich rasch, woher seine Unsicherheit rührt: Da Henning ihm nichts zutraut ("Der Kopf ist zum Glück angewachsen"), kann er ihm auch nichts recht machen. Wenn seine Diagnosen von der Meinung des Alten abweichen, sind sie nach dessen Ansicht selbstredend falsch. Die Mutter verhält sich zwar genau andersrum, aber das ist mindestens genauso schlimm: Als Tessa vorbeikommt, um sich auszusprechen, schickt Beate sie wieder weg, schließlich möchte sie ihren Sohn mit der Nachbarstochter verkuppeln. Den Umschlag, den Tessa für Martin da lässt, versteckt sie. 

Natürlich ahnen alte Hasen, welche Botschaft das Kuvert enthält, und in einem Drama hätte spätestens diese Tat Beates zum endgültigen Bruch zwischen Eltern und Sohn geführt. Hier jedoch lässt sich Martin sogar dazu überreden, das Spiel weiter mitzumachen, als er Henning ohne Gipsarm erwischt. Ein weiteres väterliches Geheimnis birgt allerdings ungleich größeren Sprengstoff für die Ehe der Müllers. Trotzdem ist die Geschichte letztlich vergleichsweise harmlos, selbst wenn Beate immer wieder unter rätselhaften Panikattacken leidet; die warmen Farben und die allgemeine Behaglichkeit sind ein unmissverständliches Signal für friedlich-freundliches Familienfernsehen. Dass die Komödie dennoch mehr als nur ein netter Zeitvertreib ist, hat der Film nicht zuletzt den guten Hauptdarstellern zu verdanken. Brenner und Philipp, beide am ehesten durch ihre "Tatort"-Rollen bekannt – er als Rechtsmediziner des früheren Bremer Teams, sie als Mitarbeiterin von Felix Murot (Ulrich Tukur) – sind ohnehin sehenswert. Das gilt auch für Oliver Konietzny, der schon in dem NDR-Debüt "Plötzlich Türke" (2016) sehr positiv aufgefallen ist; darin spielte er einen jungen Deutschen, der eine kafkaeske Ämter-Odyssee erlebt, weil er plötzlich ein Mensch ohne Nationalität ist. Sarah Hannemann, schon allein aufgrund ihrer wilden roten Lockenpracht eine auffällige Erscheinung, strahlt eine große Präsenz aus; ihre erste Hauptrolle ist mehr als überfällig. Als Gast ist zudem Volker Lechtenbrink als Martins alter Bio-Lehrer zu sehen, der dem jungen Mann schließlich hilft, seinen eigenen Weg zu finden.