Kirchen fordern Kontrolle von Rüstungsexporten

Martin Dutzmann stellt GKKE-Rüstungsexportbericht 2019 vor.
© epd-bild/Rolf Zöllner
Prälat Martin Dutzmann kritisiert die Genehmigungspraxis der Bundesregierung bei Waffenexporten und fordert ein verbindliches Rüstungsexportkontrollgesetz.
Kirchen fordern Kontrolle von Rüstungsexporten
Die beiden großen Kirchen kritisieren die Genehmigungspraxis der Bundesregierung bei Waffenexporten und fordern ein Rüstungsexportkontrollgesetz.

"Dass ein verbindliches Gesetz heute nötiger denn je ist, zeigt die aktuelle Entwicklung in der Türkei und deren völkerrechtswidriger Einmarsch in Nordsyrien", sagte Prälat Martin Dutzmann, der evangelische Vorsitzende der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE), bei der Vorstellung des diesjährigen GKKE-Rüstungsexportberichts. So habe die Bundesregierung in den ersten sechs Wochen nach dem türkischen Einmarsch Anfang Oktober vier Rüstungsexporte im Wert von mehr als drei Millionen Euro genehmigt. In den ersten acht Monaten dieses Jahres habe der Nato-Partner Kriegswaffen für rund 250 Millionen Euro aus Deutschland erhalten.

Exporte verdoppeln sich

Der katholische GKKE-Vorsitzende Prälat Karl Jüsten forderte darüber hinaus, dass auf deutscher wie auf europäischer Ebene Rüstungsexporte an sogenannte Drittstaaten grundsätzlich untersagt werden. Solche Staaten gehören nicht zu EU und Nato, sie sind auch nicht wie die Schweiz der Nato gleichgestellt. Begründete Ausnahmen könnten laut Jüsten über eine "Weiße Liste" festgelegt werden. Deutschland müsse hier mit gutem Beispiel vorangehen.

Im ersten Halbjahr 2019 hat die Bundesregierung Einzelgenehmigungen für die Ausfuhr von Rüstungsgütern in Höhe von rund 5,3 Milliarden Euro erteilt - deutlich mehr als ein Jahr zuvor, als der Gesamtwert der Genehmigungen im gleichen Zeitraum rund 2,6 Milliarden Euro betrug. Darunter waren Ausfuhrgenehmigungen an Drittländer im Wert von etwa 2,1 Milliarden Euro.

"Problematische Empfängerstaaten"

Ägypten war dabei das Empfängerland, das Güter mit dem höchsten Gesamtgenehmigungswert (rund 800 Millionen Euro) erhielt. Die Vorsitzende der GKKE-Fachgruppe Rüstungsexporte, Simone Wisotzki, kritisierte das scharf. "Deutschland kooperiert mit dem Militärregime von Präsident Abdel Fattah al-Sisi, das in der Kritik steht, Oppositionelle zu Tode zu foltern und Dissidenten zu entführen und zu töten", sagte sie.

Angeprangert werden im Bericht auch Rüstungsexporte an die Vereinigten Arabischen Emirate, die wie Ägypten zur Jemen-Kriegskoalition gehören. Geografisch bildeten Staaten in der Region des Nahen und Mittleren Ostens sowie Nordafrika "eine der größten Gruppen problematischer Empfängerstaaten", heißt es weiter.

Der Anfang 2018 ausgehandelte Koalitionsvertrag von Union und SPD sieht einen Rüstungsexportstopp an alle unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligten Staaten vor. Wie aus einer aktuellen Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage der abrüstungspolitischen Sprecherin der Linksfraktion, Sevim Dagdelen, hervorgeht, gehören trotzdem zum Stichtag 31. Oktober Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate zu den zehn Hauptempfängerländern für Rüstungsexportgenehmigungen - unter anderem neben Algerien und Katar. Dagdelen warf der großen Koalition "eine Missachtung eigener Prinzipien und Gesetze" vor. "Die Bundesregierung befeuert mit ihren Waffenlieferungen die Konflikte im Nahen Osten."

Als "Fortschritt" wertet die GKKE indes die deutsche Verschärfung der Richtlinien zum Export von Kleinwaffen Ende Juni dieses Jahres. Deren Ausfuhr in Drittländer soll damit grundsätzlich nicht mehr genehmigt werden. Die Kirchen fordern aber noch ein solches Verbot für Munitionsexporte.

Das evangelische Hilfswerk "Brot für die Welt" hält Deutschland für mitverantwortlich für einen kontinuierlichen Anstieg im internationalen Waffenhandel. Traurigstes Beispiel einer fragwürdigen deutschen Rüstungsexportpraxis sei der Krieg im Jemen, wo sich die weltweit größte humanitäre Katastrophe abspiele: Mehr als 24 Millionen Menschen - etwa 80 Prozent der Bevölkerung - seien auf Hilfe angewiesen. "Mehr Waffen führen nicht zu mehr Frieden", mahnte die Präsidentin des Hilfswerks, Cornelia Füllkrug-Weitzel.