TV-Tipp: "Billy Kuckuck - Eine gute Mutter" (ARD)

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TV-Tipp: "Billy Kuckuck - Eine gute Mutter" (ARD)
15.11., ARD, 20.15 Uhr
Eigentlich müsste diese ARD-Reihe den Zusatz „Gerichtsvollzieherin mit Herz“ tragen, denn als typische Freitagsfilmheldin verbringt Billy Kuckuck (Aglaia Szyszkowitz) mehr Zeit mit den Problemen anderer Leute als mit ihrem eigentlichen Beruf. Ähnlich wie ihre Seelenschwestern aus den ebenfalls von der ARD-Tochter Degeto in Auftrag gegebenen Reihen „Die Eifelpraxis“, „Praxis mit Meerblick“ oder „Die Inselärztin“ hat Billy im Grunde gar keine Muße für ein Privatleben. Der Nachname der Titelfigur stellt zwar eine Strapaze für das Wohlwollen des Publikums dar, aber davon abgesehen erzählt „Eine gute Mutter“ eine rührende Geschichte, die zudem ein schönes Beispiel für Engagement ohne Eigennutz ist.

Die Handlung beginnt mit einem Diebstahl: Ein kleiner Junge klaut Billys Arbeitstasche mit Dienstausweis, Pfandsiegeln und Bargeld. Wie das schlichte Drehbuchleben so spielt, laufen sich Täter und Opfer kurz drauf wieder über den Weg: Marcels Mutter Lucy (Nina Gummich) ist mit den Herausforderungen des Alltags überfordert. Sie kann nur mit Mühe lesen und schreiben und hat nie gelernt, wie man am Bankautomaten Geld zieht. Was sie zum Leben braucht, nimmt sie aus einer Dose, die auf wundersame Weise nie leer wird: weil Marcel sie mit dem Geld, das er durch das Austragen von Zeitungen verdient, immer wieder nachfüllt. Bis zu ihrem Tod vor einem halben Jahr hat Lucys Mutter dafür gesorgt, dass ihre Tochter von den Herausforderungen des modernen Daseins verschont blieb; nun hat der Sohn diese Aufgabe übernommen. Billy lernt die beiden kennen, als sie einen Herd pfänden soll, der seit seiner Anschaffung nutzlos in der Küche rumsteht, weil Lucy nicht weiß, wie man ihn anschließt. Kurz nach Billy taucht zudem ein Mitarbeiter des Jugendamts auf, denn wegen seines „Nebenjobs“ geht Marcel kaum noch zur Schule.

Vermutlich wäre „Eine gute Mutter“ ein deutlich besserer Film geworden, wenn Autorin Kirsten Peters auf einige Betulichkeiten verzichtet hätte. Ursela Monn zum Beispiel ist als Billys Mutter eine echte Geduldsprobe. Weil die Handlungsebene mit Lucy und Marcel eher überschaubar ist, nimmt Billys Familienleben ohnehin einen ungewöhnlich großen Raum ein, selbst wenn sich die Dinge seit dem im Frühjahr 2018 ausgestrahlten ersten Film („Margot muss bleiben“) nicht großartig weiterentwickelt haben: Billy hat nach wie vor eine Art Verhältnis mit ihrem Ex-Mann Gunnar (Gregor Bloéb), der sie wegen einer jüngeren Frau verlassen hat; als sie auf die kleine Tochter der beiden aufpassen muss, weil Oma Christel unpässlich ist, empfindet sie das verständlicherweise als Höchststrafe. Außerdem gibt es da noch den deutlich jüngeren attraktiven Sanitäter Lukas (Bernd-Christian Althoff), der hartnäckig auf eine Beziehung drängt. Dem dritten Mann in ihrem Leben würde sie dagegen am liebsten aus dem Weg gehen, aber Mauerblümchen Holger (Rüdiger Klink), ein Kollege aus dem Wohnungsamt, ist nun auch noch ihr Nachbar.

Das klingt alles eher nach Serie als nach Fernsehfilmreihe, und so sieht auch die Inszenierung aus. Den ersten Film hatte Jan Růžička inszeniert, dessen Freitagsfilme regelmäßig eine gute Mischung aus Anspruch und Unterhaltung finden. Thomas Freundner, der früher vor allem Krimis gedreht hat, tummelt sich mittlerweile auch im leichten Gewerbe („Chaos Queens - „Für jede Lösung ein Problem“, ZDF), hat aber nicht ganz die Klasse des Regiekollegen, weshalb Ursela Monns Spielstil durchaus typisch für den Film ist. Viele Scherze funktionieren quasi „mit Ansage“, vom typischen Freitagsfilm-Stigma der ständigen Popsongs ganz zu schweigen.

Fast zu gut für den insgesamt dennoch sympathischen Film ist dagegen der Beitrag von Helmut Zerlett, der die „Verfolgungsjagd“ zu Beginn mit einer Musik unterlegt, die auch prima zu einem Thriller passen würde. Freundners Arbeit mit den Schauspielern ist ebenfalls weitgehend gelungen. Gerade Nina Gummich spielt nicht nur in dieser Hinsicht eine Schlüsselrolle. Die Figur mag etwas unrealistisch wirken, ist aber dank der Schauspielerin in sich schlüssig. Gleiches gilt für den kleinen Finnlay Berger, der ein typisches Filmkind spielen muss, das aber ebenfalls sehr überzeugend macht. Angenehm differenziert ist dagegen der Vertreter des Jugendamt: Herr Semmel (Christian Hockenbrink) nimmt seinen Job ernst, ihm geht es vor allem um das Kindeswohl. Das macht ihn zwar zum Gegenspieler für Billy, aber er hält ihr entgegen: Wenn was passiert, fragt jeder, warum das Jugendamt nicht rechtzeitig eingegriffen habe; aber wenn er eingreift, ist es auch nicht richtig.