Über 100 Flüchtlinge harren seit einer Woche auf Rettungsschiff aus

Über 100 Flüchtlinge harren seit einer Woche auf Rettungsschiff aus
25.10.2019
epd
epd-Gespräch: Moritz Elliesen

Frankfurt a.M. (epd). Die mehr als 100 Flüchtlinge auf dem Seenotrettungsschiff "Ocean Viking" harren weiter auf dem Mittelmeer aus. Eine Woche nach ihrer Rettung sei noch keine Lösung in Sicht, sagte die SOS-Méditerranée-Sprecherin auf der "Ocean Viking", Julia Schäfermeyer, dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Freitag. Vor fünf Tagen habe die italienische Seefahrtbehörde der Crew per Mail mitgeteilt, dass sie nicht zuständig sei. "Seitdem haben wir nichts mehr gehört."

Das gemeinsam von SOS Méditerranée und "Ärzte ohne Grenzen" betriebene Rettungsschiff hatte die 104 Menschen am 18. Oktober vor der libyschen Küste aus einem Schlauchboot gerettet und wartet seitdem auf die Zuweisung eines sicheren Hafens.

Nach Angaben der Seenotretter sind unter den Geretteten zehn Frauen, darunter zwei Schwangere, und zwei Babys. 40 Flüchtlinge sind minderjährig. Gesundheitlich gehe es den Geretteten den Umständen entsprechend "einigermaßen gut", sagte Schäfermeyer. Alle seien erschöpft, aber es gebe keine akuten medizinischen Notfälle, betonte sie.

Am Donnerstag sei etwa die Hälfte der Flüchtlinge wegen der hohen Wellen seekrank geworden: "Viele konnten nichts essen und haben sich übergeben", sagte sie. Inzwischen habe sich die See wieder beruhigt, "aber nach so einem Tag Seekrankheit ist man natürlich noch erschöpfter als ohnehin schon". Viele Flüchtlinge hätten berichtet, dass sie in libyschen Gefängnissen geschlagen und misshandelt worden seien.

Die Stimmung an Bord ist Schäfermeyer zufolge trotz der Ungewissheit bisher gut: "Alle sind extrem geduldig und verständnisvoll." Es sei aber schwierig zu erklären, warum das Schiff noch keinen Hafen anlaufen durfte. Von der EU forderte die Seenotretterin einen "organisierten Mechanismus zur Ausschiffung von Geretteten aus dem Mittelmeer".

Die europäischen Binnenländer müssten verbindlich Flüchtlinge aus den Küstenstaaten aufnehmen, forderte sie. "Es kann nicht sein, dass nach jeder Rettung eine Verhandlungsmaschinerie angeworfen wird und die Leute auf dem Mittelmeer ausharren müssen."