Minister Müller: Trotz Internet auf afrikanische Kultur besinnen

Minister Müller: Trotz Internet auf afrikanische Kultur besinnen

Frankfurt a.M. (epd). Trotz Smartphone und Internet sollten Schulen in Afrika nach Auffassung von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) den Kindern die eigene Kultur vermitteln. "Aus der eigenen Kultur heraus die Bildungsinhalte zu entwickeln, halte ich für zentral", sagte der 64-Jährige dem evangelischen Monatsmagazin "chrismon" (Oktober-Ausgabe). Die Publizistin Veye Tatah stimmte Müller in dem Doppelinterview zu. "Das Bildungssystem stammt aus der Kolonialzeit und müsste grundlegend reformiert werden", sagte Tatah, die selbst in Kamerun geboren wurde. "Manche Kinder wissen alles über die Tower Bridge in London, kennen aber die Brücke im Nachbardorf nicht."

Tatah plädierte in dem Interview außerdem dafür, Schülerinnen und Schüler für die Kolonialzeit zu sensibilisieren: "Die Afrikaner hatten keine Zeit, diese Phase ihrer Geschichte aufzuarbeiten." Auf Nachfrage Müllers, wie das Thema in den Schulen behandelt werde, betonte Tatah: "Eigentlich sehr wenig." Es werde ein bisschen über Apartheid gesprochen, aber kaum über die Auswirkungen von Kolonialismus und Sklaverei. "Das ist ein Problem", sagte die 48-Jährige. "Denn der Kolonialismus und die Sklaverei haben nicht nur wirtschaftlichen, sondern auch mentalen Schaden hinterlassen."

Die Europäer könnten in Afrika nur bedingt helfen, findet die Publizistin. "Wir Afrikaner müssen unsere Probleme selbst in den Griff kriegen." Problematisch seien neben der fehlenden Aufarbeitung der Kolonialzeit und dem stockenden Aufbau eigener Industrien auch die korrupten Regierungen. "Die Afrikaner müssen diese Regierungen überwinden", sagte Tatah.

In "schwierigen Ländern" arbeitet Entwicklungsminister Müller nach eigenen Angaben deshalb nicht direkt mit Regierungen zusammen, sondern mit ausgewählten nichtstaatlichen Organisationen. Bei ihm gelte der Grundsatz: "Kein Euro in korrupte Kanäle."