Sonderausstellung zum "Entjudungsinstitut" im Eisenacher Lutherhaus

Lutherhaus Eisenach
© Stiftung Lutherhaus Eisenach, Anna-Lena Thamm
Am Donnerstag wird im Eisenacher Lutherhaus die Sonderausstellung "Erforschung und Beseitigung. Das kirchliche 'Entjudungsinstitut' 1939-1945" eröffnet.
Sonderausstellung zum "Entjudungsinstitut" im Eisenacher Lutherhaus
Das "Entjudungsinstitut", das vor 80 Jahren auf der Wartburg gegründet wurde, sollte die evangelische Kirche an die nationalsozialistische Rassenideologie anpassen: Aus der Bibel verschwanden hebräische Texte, aus dem Gesangbuch jüdische Begriffe.

Die evangelische Kirche stellt sich einem der dunkelsten Kapitel ihrer jüngeren Geschichte. Am Donnerstag öffnet im Eisenacher Lutherhaus die neue Sonderausstellung "Erforschung und Beseitigung. Das kirchliche 'Entjudungsinstitut' 1939-1945", kündigte der Wissenschaftliche Leiter und Kurator der Stiftung Lutherhaus Eisenach, Jochen Birkenmeier, am Dienstag in der Wartburgstadt an. Mit Hilfe von 56 Exponaten, zahlreichen Abbildungen und Grafiken sowie mehreren Medienstationen können sich die Besucher dem Thema nähern.

Im Mittelpunkt stehe dabei das sogenannte "Entjudungsinstitut", das vor 80 Jahren, am 6. Mai 1939, von elf evangelischen Landeskirchen auf der Wartburg gegründet wurde, sagte der Historiker. Ziel der Einrichtung war es, Kirche und christlichen Glauben an die nationalsozialistische Ideologie anzupassen. Eine Bibelausgabe "Botschaft Gottes", aus der alle hebräischen Textstellen getilgt worden waren, erschien 1940. Es folgten ein antisemitisch redigiertes Gesangbuch, ein Katechismus und eine ebenso umgearbeitete Ausgabe zum religiösen Brauchtum.

Neben direkten Verweisen auf das Agieren der pseudowissenschaftlichen Einrichtung sind im Lutherhaus auch Objekte zu sehen, die vom damaligen Leben in den Gemeinden erzählen. Dazu gehören neben einer Glocke mit der Inschrift "In Treue dem Christus der Deutschen" aus dem Jahr 1936 oder einem mit Hakenkreuzen verzierten Lüftungsgitter aus einer Kirche auch diverse Hinweisschilder. So ist auf einem zu lesen "Juden sind in unserem Ort nicht erwünscht", ein anderes bestimmt unter der Überschrift "Deutschchristliche Gottesfeier": "Es wird das vom Eisenacher Institut mitfabrizierte Gesangbuch 'Großer Gott wir loben Dich' benutzt."

Darin wurden Lieder umgedichtet, in dem man jüdische Namen und Begriffe wie "Zion" oder "Zebaoth", aber auch "Halleluja" oder "Hosianna" verschwinden ließ, erläuterte Jochen Birkenmeier. Hatte es 1938 noch geheißen "Du Sohn Davids aus Jakobs Stamm, mein König und mein Bräutigam", lautete der Text drei Jahre später "Du hohe klare Himmelssonn, du ewge Freud und wahre Wonn". Insgesamt seien letztlich nur 4,4 Prozent des Liedguts früherer Gesangbücher unverändert übernommen worden.

Die in vier Abschnitte unterteilte Ausstellung benennt als Wurzeln des Antisemitismus auch die judenfeindlichen Äußerungen Martin Luthers in seinen späten Schriften. Teil Vier beschäftigt sich unter dem Motto "Nachwirkungen" mit der schwierigen Annahme des Themas in Ost wie West in der Nachkriegszeit. "Das war nicht nur ein mitteldeutsches Problem", sagte der Lutherhaus-Chef.  

Doch gerade hier seien in der gemeinsamen Abwehr des Staates die Reihen nach einer Schamfrist schnell wieder geschlossen wurden. So fand der zum Teil bis heute hoch angesehene Jenaer Theologe und wissenschaftliche Leiter des "Entjudungsinstitutes", Walter Grundmann, dessen Bibelkommentare faktisch jeder Student kenne, wieder seinen Platz in der Landeskirche, erklärte Birkenmeier. Dass er von 1956 bis 1969 für die Stasi seine alten Widersacher von der "Bekennenden Kirche" ausspionierte, setze dem die Krone auf, fügte er hinzu.