TV-Tipp: "Väter allein zu Haus: Gerd" (ARD)

Alter Fernseher vor gelber Wand
Foto: Getty Images/iStockphoto/vicnt
TV-Tipp: "Väter allein zu Haus: Gerd" (ARD)
13.9., ARD, 20.15 Uhr
Vor zwei Jahren hat die ARD-Tochter Degeto eine dreiteilige Reihe über "Eltern allein zu Hause" produzieren lassen. Thema der Filme war das "Empty Nest"-Syndrom: Das letzte Kind ist ausgezogen, für die Erzeuger beginnt nun ein neuer Lebensabschnitt, und rasch stellt sich raus, das sich die Paare nicht mehr viel zu sagen haben.

Das klingt nach Drama, zumal es auch zu Trennungen kam, aber die Umsetzung der Geschichten war vorwiegend heiter. "Väter allein zu Haus" hört sich wie eine Fortsetzung an, zumal der amüsante Tonfall der gleiche ist, doch die Mitwirkenden vor und hinter der Kamera sind ganz andere. Die vierteilige Reihe, eine Gemeinschaftsarbeit der Degeto mit dem WDR, ist ohnehin eher eine Art "Prequel", denn die Kinder ziehen nicht aus, sondern werden eingeschult; im Mittelpunkt stehen Männer, die sich um den Haushalt kümmern, während ihre Frauen das Geld verdienen. Die Drehbücher von Jan Martin Scharf, der bei den ersten zwei Filmen auch Regie geführt hat, und Arne Nolting, beide für "Club der roten Bänder" mit allen wichtigen deutschen Fernsehpreisen ausgezeichnet, basieren auf der australischen Serie "House Husbands".

Zentrale Figur des Auftaktfilms ist Gerd (Peter Lohmeyer), Ende fünfzig, zweimal geschieden und Vater dreier Töchter von drei verschiedenen Müttern. Lebensgefährtin Michaela (Christina Große) hat er einst versprochen, beruflich kürzer zu treten, wenn die gemeinsame Tochter Laura in die Schule kommt. Daran muss er sich nun wohl oder übel halten; also verkauft er seinen Handwerksbetrieb. Gleich der erste Schultag führt allerdings beinahe zur Katastrophe, denn er hat Laura beigebracht, wie man Auto fährt, und während Gerd mit drei anderen Vätern plaudert, lädt die Tochter ein paar Mitschüler zur Spritztour. Das ist zwar reichlich unglaubwürdig, hat aber zur Folge, dass sich die Männer unfreiwillig besonders gut kennen lernen. Gerd und Mark (David Rott) sind schon länger befreundet. Gemeinsam mit Timo (Tim Oliver Schultz) und Marks Schwager Andreas (Tobias van Dieken) bilden sie fortan eine verschworene Gemeinschaft, wie schon die erste Einstellung des Films verdeutlicht, als das Quartett wie die drei Musketiere plus D’Artagnan auf die Kamera zukommen. Da die Geschichten in Wuppertal spielen, drängt sich die Assoziation zum Logo einer Elberfelder Traditionsbrauerei und dem passenden Werbespruch ("Männer wie wir") förmlich auf. Auch der Dialog passt dazu, denn Gerd fragt: "Seid ihr bereit zu sterben?" Die Szene greift der Handlung vor, die vier sind auf dem Weg zur Grundschulrektorin, wo Gerd später tapfer die gesamte Schuld auf sich nimmt, obwohl auch die anderen ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt haben; einer für alle eben. Weitere Anschisse der jeweiligen (Ex-)Frauen folgen selbstredend ebenfalls.

Die Einführung der weiteren Mitwirkenden gleich zu Beginn ist ein deutlicher Unterschied zu "Eltern allein zu Haus". Auch dort gab es zwar eine Freundschaft zwischen zwei Vätern, aber der dritte huschte im Auftaktfilm nur mal kurz durchs Bild. "Väter allein zu Haus" ist dagegen von vornherein als Tetralogie konzipiert, selbst wenn die einzelnen Filme auch unabhängig voneinander funktionieren. Die Auftakthandlung wird auch nicht ausschließlich aus Gerds Perspektive erzählt. Trotzdem ist er die zentrale Figur. Damit die Geschichte keine anekdotische Aneinanderreihung väterlicher Missgeschicke wird, spielen auch die weiteren weiblichen Wesen in Gerds Leben noch entscheidende Rollen, allen voran seine mittlere Tochter: Nele (Lorna zu Solms) ist 17 und zur Zeit als Austauschschülerin in Australien; glauben jedenfalls ihre Eltern. Tatsächlich ist das Mädchen ganz in der Nähe und außerdem hochschwanger. Zur Mutter will sie nicht, zu Gerd kann sie nicht, schließlich gibt sie seiner Lebensgefährtin die Schuld am Ende der Ehe ihrer Eltern. Für weiteres Ungemach sorgt eine Maklerin (Heike Trinker). Gerd, der mit seiner Firma Häuser saniert und für gutes Geld weiterverkauft hat, kann natürlich nicht aus seiner Haut. Als er ein entsprechendes Objekt in Augenschein nimmt, ist die Maklerin nicht bloß von seinem Sachverstand beeindruckt.

Im wahren Leben bräuchte man ein ziemlich sonniges Gemüt, um Gerds Erlebnisse mit Humor zu nehmen. Klugerweise verzichten Scharf und Lohmeyer zudem darauf, die Figur komisch zu interpretieren, selbst wenn der Schauspieler beispielsweise beim Zweikampf mit einem renitenten Wäscheständer eine amüsante Slapsticknummer hinlegt. Dank der warmen Farben, der gefälligen Musik (Nikolaus Glowna, Hansjörg Kohli) sowie eine Gerds Alter angemessene Songauswahl (Johnny Cash, Pink Floyd, Neil Young) verbreitet der Film allerdings ein ausgesprochen positives Lebensgefühl. Sehenswert neben der Grundidee, typische Rollenklischees einfach umzukehren, ist nicht zuletzt auch das vorzüglich zusammengestellte Ensemble. Die guten Leistungen der erwachsenen Schauspieler sind nicht weiter überraschend, aber auch die jungen Mitwirkenden fügen sich bestens ein, allen voran Lorna zu Solms, die ihre Sache ganz ausgezeichnet macht. Ähnlich sehenswert ist Yasemin Cetinkaya als sehr jugendlich wirkende dreifache Mutter von Timos Kindern. Im zweiten Teil (nächsten Freitag im "Ersten") erzählen Nolting und Scharf die Geschichte von Mark. Die Grundzüge ähneln sich, allerdings mit einem feinen Unterschied: Nun ist es der Mann, der in seinen Beruf zurückkehren möchte. Die Filme über Timo und Andreas folgen im nächsten Jahr.