Müller: Textilsiegel "Grüner Knopf" Vorbild für andere Branchen

Müller: Textilsiegel "Grüner Knopf" Vorbild für andere Branchen
Das Siegel soll den Kauf fairer Kleidung erleichtern und zu besseren Produktionsbedingungen beitragen. Kritiker sehen weder das eine noch das andere gewährleistet. Am Montag ist Startschuss.

Augsburg (epd) (epd). Zwei Tage vor der Einführung des staatlichen Textilsiegels "Grüner Knopf" ruft das Vorhaben weiter Kontroversen hervor. Das neue Siegel könne zu einem Vorbild für alle Branchen werden, sagte Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) in der "Augsburger Allgemeinen" (Samstag). Die Globalisierung habe einst in der Textilindustrie mit der Verlagerung von Jobs in Entwicklungsländer begonnen. Jetzt müsse die "gerechte Globalisierung" auch bei Textilien beginnen. Der Startschuss für das neue Gütesiegel soll am Montag in Berlin fallen. Kritik und Nachbesserungsforderungen kommen aus unterschiedlichen Richtungen.

Nach Ansicht des Entwicklungsexperten Thilo Hoppe kann der "Grüne Knopf" zu mehr Orientierung im bisherigen "Siegel-Dschungel" beitragen. Da es außerdem ein staatliches Siegel sei, könne er auch im Beschaffungswesen von Bund, Länder und Kommunen eine Veränderung hervorrufen, schrieb der entwicklungspolitische Beauftragte des Hilfswerks "Brot für die Welt" in einem Blog. So sei es kein Problem mehr festzulegen, wie viel der Textilien beispielsweise der Bundeswehr wie Uniformen, Handtücher oder Bettwäsche den "Grünen Knopf" haben müssten.

Der "Grüne Knopf" soll künftig Kleidung erkennbar machen, die sozial- und umweltverträglich produziert ist. Minister Müller möchte damit die Kontrolle der gesamten Lieferkette "vom Baumwollfeld bis zum Bügel" erreichen. Man könne es sich heute nicht mehr leisten, bei den Importen aus Billiglohnländern die sozialen Bedingungen auszublenden, sagte er der "Augsburger Allgemeinen." Wer dies doch tue, dürfe sich nicht wundern, "wenn sich Millionen auf den Weg nach Europa machen".

Doch auch wenn die Vorteile des Siegels seiner Einschätzung nach knapp überwögen, gebe es noch einigen Nachbesserungsbedarf, schrieb Hoppe. So seien Kontrollen während der knapp zweijährigen Pilotphase nur in Textilfabriken und Färbereien vorgesehen, nicht aber in anderen Stufen der Lieferkette wie dem Anbau und der Ernte der Baumwolle. Existenzsichernde Löhne für Arbeiterinnen und Arbeiter seien zwar angestrebt, jedoch ohne konkrete Maßnahmen. Auch wenn gesetzliche Regelungen besser seien, habe der "Grüne Knopf" allerdings eine Chance verdient.

Die Präsidentin des Branchenverbandes textil+mode, Ingeborg Neumann, hält den "Grünen Knopf" hingegen für überflüssig. "Ein weiteres Siegel hat keinen Mehrwert, es baut unnötige Doppelstrukturen auf", sagte sie der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". "Unsere Unternehmen haben bereits viel in international etablierte Siegel und Zertifizierungssysteme investiert." Das Konzept für den "Grünen Knopf" sei unausgegoren.

Der Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverband, Klaus Müller, sagte, der Entwicklungsminister dürfe keine falschen Versprechungen machen. Der "Grüne Knopf" könne zwar eine bessere Orientierung beim Einkauf von Kleidung bieten. "Um Katastrophen wie die von Rana Plaza zu verhindern, reicht ein freiwilliges Label wie der Grüne Knopf aber nicht aus", sagte er der "Stuttgarter Zeitung und den "Stuttgarter Nachrichten". "Ein Lieferkettengesetz, das alle Unternehmen bindet, hätte mehr Durchschlagskraft." Bei dem Einsturz des Fabrikhochhauses Rana Plaza im April 2013 in Bangladesch wurden mehr als 1.100 Beschäftigte von Textilfirmen getötet.

epd lbm/nam