Expertin: Kein umweltpolitisches Umdenken bei Bolsonaro

Expertin: Kein umweltpolitisches Umdenken bei Bolsonaro

Frankfurt/Rio de Janeiro (epd). Obwohl die brasilianische Regierung seit dem Wochenende das Militär gegen die Waldbrände im Amazonasgebiet einsetzt, sieht die Leiterin der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung in Rio de Janeiro, Annette von Schönfeld, keinen politischen Kurswechsel. "Die Regierung Bolsonaro hat eigentlich kein umweltpolitisches Denken", sagte sie dem Deutschlandfunk (Montag). Für den ultrarechten Präsidenten Jair Bolsonaro sei Amazonien vorrangig eine Region, die wirtschaftlich noch nicht ausreichend erschlossen sei. Der Schutz des Regenwaldes sei hingegen keine Priorität.

Nach massivem internationalen Druck hatte das brasilianische Verteidigungsministerium am Samstagabend angekündigt, Löschflugzeuge in das Katastrophengebiet zu schicken. Außerdem sollen rund 44.000 Soldaten die Feuerwehr bei der Brandbekämpfung unterstützen. Allein seit Anfang August wurden durch Satellitenaufnahmen 9.500 Waldbrände registriert.

Bolsonaro habe "große Pläne" für die Amazonasregion, sagte von Schönfeld dem Deutschlandfunk. So wolle er unter anderem bisher geschütztes Land der Indigenen für die Gewinnung von Bodenschätzen wie Gold freigeben. Zudem dränge die Agrarindustrie aufgrund der erhöhten weltweiten Nachfrage nach Fleisch und Soja immer weiter in die Region vor. Diese Tendenz werde durch die Brände möglicherweise abgeschwächt, aber nicht umgekehrt.

Von Schönfeld begrüßte die Pläne der G7-Staaten, Brasilien im Kampf gegen die Feuer zu unterstützen. Besonders wichtig sei dabei die Brandprävention, da Bolsonaro die dafür vorhandenen Mittel stark gekürzt habe. Auch Überlegungen, das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten nicht in Kraft treten zu lassen, befürwortete sie. Dies wäre ein Schritt, "der im heutigen politischen Kontext ein richtiges Zeichen setzen würde".

Experten erwarten in diesem Jahr einen Anstieg um insgesamt 45 Prozent der illegalen Abholzung des Amazonas-Regenwaldes im Vergleich zum Vorjahr. Derzeit verschwindet im Amazonasgebiet eine Waldfläche von bis zu drei Fußballfeldern pro Minute.