Berliner Gedächtniskirche läutet Glocken gegen rechte Demo

Berliner Gedächtniskirche läutet Glocken gegen rechte Demo

Berlin (epd). Aus Protest gegen eine "Demonstration für deutsche Kultur in Deutschland" auf dem Berliner Breitscheidplatz hat die Gemeinde der angrenzenden Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche am Sonntag minutenlang die Glocken geläutet. Der mit rechten Verschwörungstheorien bekanntgewordene "Volkslehrer" hatte zu der Veranstaltung mit einem Bild der Kirche im Vorkriegszustand aufgerufen. Man verwahre sich ausdrücklich gegen die Verwendung eines Bildes der Kirche in einem rechtsnationalen Zusammenhang, erklärten Gemeindepfarrer Martin Germer, der Gemeindekirchenrat und Generalsuperintendentin Ulrike Trautwein als Vertreterin des Kuratoriums der Stiftung der Gemeinde.

Nach Angaben der Polizei versammelten sich etwa 100 Teilnehmer zu der rechten Demo. Ebenso viele kamen demnach zur Protestveranstaltung, zu der die evangelische Kirchengemeinde aufgerufen hatte. Bis zum Nachmittag verliefen die Veranstaltungen störungsfrei, wie eine Polizeisprecherin sagte.

Parallel zu der nach Worten der Gemeinde "offensichtlich rechtsextremistischen" Veranstaltung hielt die Gemeinde nach dem Geläut auf dem Breitscheidplatz das Versöhnungsgebet von Coventry ab. Entstanden ist es nach der Zerstörung der Kathedrale von Coventry im Zweiten Weltkrieg. Die Versöhnungsbotschaft verbindet heute viele christliche Gemeinden in der sogenannten Nagelkreuz-Gemeinschaft, zu der auch die Gemeinde der im Krieg weitgehend zerstörten Berliner Gedächtniskirche gehört.

Der selbst ernannte "Volkslehrer" Nikolai N. wettert auf seinem Youtube-Kanal gegen Politiker, verbreitet Verschwörungstheorien und relativiert den Holocaust. Der Grundschullehrer unterrichtete an der Vineta-Grundschule in Berlin-Wedding und wurde Anfang Januar 2018 zunächst freigestellt, nachdem seine Aktivitäten bekanntgeworden waren. Im April 2018 wurde ihm schließlich fristlos gekündigt. Mit einer dagegen gerichteten Klage scheiterte er Anfang des Jahres.