Kretschmann gibt Internetfirmen Mitverantwortung am Mordfall Lübcke

Kretschmann gibt Internetfirmen Mitverantwortung am Mordfall Lübcke

Essen (epd). Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat großen Internetkonzernen eine Mitschuld an der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke gegeben. "Internetkonzerne, auf deren Plattformen die Hassparolen gegen Walter Lübcke verbreitet wurden, tragen eine Mitverantwortung für so eine Entwicklung", sagte Kretschmann den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Online). Kretschmann forderte die Unternehmen auf, sich selbst Regeln zu geben, und drohte ansonsten mit staatlicher Regulierung.

Bei Hasskommentaren dürften Internetkonzerne nicht einfach zuschauen, "ohne den Hass einzudämmen", sagte Kretschmann. Es gebe einen Grenzbereich zwischen Meinungsfreiheit und ihrer Überschreitung. "Aber man kann nicht alles laufenlassen, bis der Staat einschreitet." Die Internetkonzerne müssten selbst eine andere Haltung entwickeln, forderte der Stuttgarter Regierungschef.

Staatliche Regulierung komme dann, wenn Unternehmen nicht selber Verhaltensregeln aufstellten, die sich an Menschenrechten und Gemeinwohl orientieren, sagte Kretschmann. "In einer liberalen Demokratie ist Kontrolle und Regulierung die zweite Wahl, wenn die Eigenverantwortung nicht funktioniert", betonte der Grünen-Politiker. "Der Druck muss wachsen auf Unternehmen wie Google oder Facebook. Sie dürfen den Leuten nicht einfach eine Plattform geben, wo sie sich - ohne Anstand und Respekt - austoben können."

Der 65-Jährige Lübcke war am 2. Juni spätabends vor seinem Wohnhaus mit einem Kopfschuss getötet worden. Der in Haft sitzende Verdächtige Stephan E. legte am Dienstag ein Geständnis ab. Er ist nach Angaben des Verfassungsschutzes seit Jahrzehnten in der rechtsextremen Szene aktiv.