Haben Christen keine Angst vor dem Tod?

Licht am Ende eines Tunnels
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Obwohl wir alle wissen, dass wir sterblich sind, erscheint der Tod den meisten von uns als etwas Fremdes, Bedrohliches.
Haben Christen keine Angst vor dem Tod?
Wir alle sind sterblich. Als Menschen wissen wir darum. Dennoch erscheint der Tod den meisten von uns als etwas Fremdes, Bedrohliches. Mit dem Tod konfrontiert, werden wir uns unserer eigenen Begrenztheit bewusst. Unkontrollierbar kann er in unser Leben hineingreifen und uns trennen von allem, was uns vertraut und lieb ist.

Paulus nennt den Tod in einem Brief an die Korinther den "letzten Feind" (1. Korinther 15,26) und er erinnert die Gemeinde an die Hoffnung, die Christen angesichts des Todes haben dürfen: Jesus Christus hat den Tod überwunden und ist auferstanden und hat auch uns damit den Weg zur Auferstehung eröffnet. Weil Gott seine Schöpfung liebt und sie nicht untergehen lässt, hat er uns seinen Sohn geschickt, der uns den Weg über den Tod hinaus weist. Nicht der Tod behält das letzte Wort, sondern Gott in seiner Liebe zu uns, die über den Tod hinaus reicht. Das ist die Hoffnung der Christen.

Dennoch haben Christen, wie alle anderen Menschen auch, Angst vor dem Tod. Denn letztendlich bleibt der Tod auch für uns etwas Unbegreifliches. Sogar der Apostel Paulus, der so überzeugt ist von der Auferstehung Jesu, kann im Grunde nur sagen, dass im Tod alles ganz anders wird. Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland, die sich als Christen bezeichnen, glauben nicht daran, dass es nach dem Tod noch etwas geben könnte. Nur jeder zehnte Deutsche denkt überhaupt häufiger an seinen eigenen Tod. Mit Ungewissheit und der beängstigenden Fremdheit des Todes müssen also auch Christen leben.

Wenn aber Angst, Hoffnungslosigkeit und das Verdrängen des Todes die Überhand gewinnen, was bleibt dann noch von der christlichen Botschaft? Schon Paulus sagt in seinem Brief an die Korinther: Wenn wir nur für das irdische Leben auf Christus hoffen, haben wir die eigentliche Botschaft nicht verstanden, die sich immer auch auf das Himmlische bezieht, und sind im Grunde schon jetzt verloren. Eine traurige Vorstellung.

Dabei bräuchte das Wissen darum, dass wir sterblich sind, nicht nur Angst machen, sondern uns Menschen nachdrücklich vor die Frage stellen, wie wir eigentlich leben wollen. Im Wissen um unsere Endlichkeit können wir die Verantwortung erkennen, unser Leben bewusst und sinnvoll zu gestalten. In diesem Sinne muss der Tod nicht nur wie ein fremder, furchteinflößender Feind wirken. Er kann auch ein wunderbarer Ratgeber sein. Wer seinen Tod befragt, erfährt, was wirklich wichtig ist im Leben und was nicht.

Die Zeit des irdischen Lebens ist begrenzt. Der Tod lehrt uns, dass wir sie nicht vergeuden und jede Gelegenheit nutzen sollten, unser Leben im Blick auf das wirklich Wesentliche zu gestalten. Der Tod bleibt nur solange ein Feind des Lebens, wie wir ihn ignorieren und verdrängen. Solange wir uns einbilden, wir hätten die alleinige Kontrolle über den Verlauf unseres Lebens. Solange wir meinen, Verantwortung und Entscheidungen über Wesentliches und Unwesentliches immer wieder auf morgen verschieben zu können. Wer aber mit seinem Tod lebt, kann sich von ihm die Fülle des Lebens zeigen lassen. Im Vertrauen auf die Treue Gottes, die über den Tod hinaus trägt, können wir so schon jetzt etwas von der Qualität des ewigen Lebens erahnen. Wer auf die Zusage vertraut, die Gott den Menschen nach christlichem Glauben in Jesu Tod und Auferstehung macht, hat den Tod schon jetzt überwunden und das ewige Leben in sich (Johannes 11,25f.). Christen können darauf vertrauen, dass der Tod nicht das letzte Wort behält. "Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?", kann Paulus angesichts dieser Hoffnung fragen. Die Angst kann auch dieser Satz nicht ganz nehmen. Aber er lässt durchscheinen, dass sie sich am Ende als unbegründet erweisen wird.

Dieser Text erschien erstmals am 25. Juli 2019 auf evangelisch.de.