TV-Tipp: "Es bleibt in der Familie" (Sat.1)

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TV-Tipp: "Es bleibt in der Familie" (Sat.1)
18.12., Sat.1, 20.15 Uhr: "Es bleibt in der Familie"
Der Arbeitstitel dieser vergnüglichen Komödie erzählt im Grunde die ganze Geschichte: "Hilfe, meine Mutter bekommt mein Kind". Offenbar ist irgendwem rechtzeitig aufgefallen, dass dies vor zwanzig Jahren ein typisches Thema für eine der vielen täglichen Talkshow gewesen wäre.

"Es bleibt in der Familie" klingt zwar deutlich braver, trifft den Kern aber immer noch: Aufgrund einer Verwechslung wird einer Mutter die befruchtete Eizelle ihrer Tochter eingesetzt. Beim WDR wäre daraus vermutlich ein Mittwochsdrama geworden, aber Sat.1 gelingt es auf diese Weise, dem Subgenre der "Plötzlich"-Komödie ("Plötzlich Onkel", "Plötzlich Opa") eine interessante Variation hinzuzufügen: Eine Frau wird gleichzeitig Mutter und Oma.

Weil diese Ausgangskonstellation nicht per se komisch ist, müssen Mutter und Tochter zwei denkbar unterschiedliche Leben führen: Lola (Andrea Sawatzki) ist Rocksängerin, lebt in Berlin, trägt Röcke, die konservative Väter als Gürtel bezeichnen würden, und ist nach Ansicht ihrer Stuttgarter Tochter (Jennifer Ullrich) in der Teenagerzeit hängengeblieben, wie nicht zuletzt ihre T-Shirt-Kollektion belegt. Die beiden Frauen haben schon lange keinen Kontakt mehr. Marie führt mit Vermessungstechniker Benjamin (Oliver Wnuk) ein braves Eheleben, dem zur Perfektion bloß noch die Kinder fehlen. Weil Benjamins Berliner Onkel (Simon Licht) als Koryphäe auf dem Gebiet der künstlichen Befruchtung gilt, hat sich das Paar nach jahrelanger vergeblicher Liebesmüh’ dazu entschlossen, seine Dienste wahrzunehmen. Wie der Zufall so spielt, haben Mutter und Tochter am selben Tag einen Termin in der gynäkologischen Praxis. Lola soll eigentlich nur eine Spirale eingesetzt werden, aber als eine unkonzentrierte Arzthelferin nicht auf die unterschiedlichen Vornamen achtet, nimmt das Unglück seinen Lauf.

Die Verwechslung erinnert nur im Ansatz an die Sat.1-Komödie "Kinderüberraschung" (2018), in der zwei befruchtete Eizellen miteinander vertauscht wurden, denn sie ist im Grunde bloß die Basis für eine typische Mutter/Tochter-Geschichte. Die als Kind vernachlässigte Marie wirft der Mutter bis heute vor, nichts sei ihr je so wichtig gewesen wie die Karriere. Nun müssen die beiden jedoch miteinander klarkommen: Als sich Marie in ihrem Schmerz vergräbt, lädt Benjamin seine Schwiegermutter in die brave Vorortsiedlung ein. Normalerweise würde Lola das Ansinnen, die Schwangerschaft als "Bruthenne in Spießertown" zu verbringen, kategorisch ablehnen, aber ihr Freund und Band-Kollege Ash (Matthi Faust) hat sie vor die Tür gesetzt. Um den Kontrast zwischen den unterschiedlichen Lebensentwürfen auf die Spitze zu treiben, ist Benjamin mit einer peinlichen Familie geschlagen. Weil Mutter Helga (Hede Beck) ständig wegen der ausbleibenden Enkel stichelt, verkündet Marie kurzerhand, sie sei schwanger, und damit gehen die Komplikationen erst richtig los.

Die Konstellation hätte auch leicht ins Lustspiel ausarten können, wie Lolas Scherze über Benjamins Nachnamen nahelegen, aber die Andeutungen sind vermutlich ein Insider-Gag von Markus Staender; sein Drehbuchdebüt, die sehenswerte romantische Komödie "Leg dich nicht mit Klara an" (mit Jennifer Ulrich als BND-Agentin) ist ebenfalls für Sat.1 verfilmt worden. Staender, Sarah Palmer (Drehbuchbearbeitung) und Regisseur Florian Knittel finden eine sympathische Balance. Der Film macht zwar diverse Witze auf Kosten seiner Figuren, verrät sie jedoch nicht und kommt außerdem ganz ohne Gegenspieler aus. Die egozentrische Lola mag aus Sicht Maries grundsätzlich an allem Schuld sein, aber dass sie das Kind ihrer Tochter austrägt, ist ein enormer Liebesbeweis, wie Benjamin zu Recht feststellt. Geschickt macht sich das Drehbuch auch den juristischen Hintergrund zunutze: Leihmutterschaft ist in Deutschland verboten, weshalb alle Beteiligten absolutes Stillschweigen bewahren müssen; deshalb darf Lola ihrem Musikerkollegen auch nicht die Wahrheit sagen. Bloß Benjamin vertraut sich seinem besten Freund und Nachbarn an; Marc Ben Puch hat schon in Knittels Regiedebüt "Was kostet die Liebe?" (2016, ebenfalls eine Zusammenarbeit zwischen Sat.1 und der Filmakademie Ludwigsburg) mitgewirkt und diesmal die besten Dialogzeilen. Natürlich kostet auch Andrea Sawatzki das Potenzial ihrer Figur aus, zumal die kiffende und herzhaft fluchende Lola gerade zu Beginn aus jeder Szene einen großen Auftritt macht, aber sie versieht sie durchaus mit einigen Zwischentönen. Sawatzki hatte in früheren Jahren selbst eine Band, weshalb sie Lolas Gesangsnummern selbstredend selber singt.

Weil Marie die emotionale Distanz zur Mutter pflegen muss und sich gefühlsmäßig auch vom Ehemann entfernt, ist er die eigentliche Identifikationsfigur der Geschichte. Gerade an dieser Rolle zeigt sich zudem, wie gut der Film austariert ist, denn sie hätte leicht zur Witzfigur werden können: Als Benjamins Mischpoke unangekündigt vorbeischaut und das Paar nackt auf dem Sofa überrascht, gerät er beim Versuch, sich die Hose anzuziehen, ins Stolpern; eine Slapstickeinlage in bester Clownschule. Es gibt einige Szenen dieser Art, die sehr komisch sind, gerade weil Knittel sie zurückhaltend inszeniert; so hat zum Beispiel Maries Begegnung mit einem Kaktus zur Folge, dass ihrer aufblasbaren Schwangerschaftsbauchattrappe leise pfeifend die Luft ausgeht. Mag sein, dass die Komödie keine größeren Spuren hinterlassen wird, aber sie ist mit großer Sorgfalt ausgedacht und umgesetzt worden.