Opferverein gegen kirchlichen Missbrauchs-Gedenktag

Matthias Katsch, ehemaliger Schüler des Canisius-Kollegs und Initiative "Eckiger Tisch".
© Stephanie Pilick/dpa
Matthias Katsch
Opferverein gegen kirchlichen Missbrauchs-Gedenktag
Die Initiative "Eckiger Tisch" lehnt die Einführung eines kirchlichen Gedenktags für die Betroffenen sexuellen Kindesmissbrauchs ab. "Gedenken, Entschuldigungen oder 'Buße' allein genügen nicht", sagte Sprecher Matthias Katsch am Dienstag in Berlin.

"Wenn die Kirche mit der Unterstützung des vom Europarat ins Leben gerufenen Aktionstages ihre eigenen Bemühungen um Prävention intensivieren will, dann begrüßen wir dies. Es ist jedoch nicht angemessen, des Missbrauchs in der katholischen Kirche rückblickend wie eines historischen Ereignisses zu gedenken."

Die katholische Deutsche Bischofskonferenz hatte am Montag angekündigt, jährlich einen Gedenktag für die Betroffenen des sexuellen Missbrauchs zu begehen. Dieser Gedenktag soll laut Ankündigung im "zeitlichen Umfeld" des 18. November festgesetzt werden. Der Europarat hatten diesen Tag zum "Europäischen Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch" bestimmt. Er findet seit 2015 statt. In Deutschland ist er jedoch weitgehend unbekannt.

Juristische Aufarbeitung wichtiger

Wichtiger als ein Gedenktag seien die juristische Aufarbeitung, Hilfe und Entschädigung der Opfer, erklärte Katsch. Er wiederholte die Forderung des Vereins, dass alle 27 Bistümer und die zahlreichen Ordensgemeinschaften alle ihnen bekannten Missbrauchsfälle, bei denen die Täter noch leben, bei den zuständigen Staatsanwaltschaften anzeigen.

Katsch begrüßte in diesem Zusammenhang den Vorstoß von sechs Strafrechtlern, die vergangenen Freitag bei allen zuständigen Staatsanwaltschaften Anzeige wegen sexuellen Kindesmissbrauchs gegen Unbekannt erstattet hatten. Die Juristen wollen damit eine rechtliche Aufklärung erwirken. Unterstützt werden sie dabei vom Institut für Weltanschauungsrecht, das für weltanschaulich neutrale Rechtsnormen eintritt.

Stigmatisierung von Opfern entgegenwirken

Der Gedenktag am 18. November geht auf die Initiative des Europarats von Mai 2015 zurück. Mit Aktionen vor Ort und über die sozialen Netzwerke soll in den Mitgliedstaaten die Diskussion über den Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt angeregt und ein Beitrag dazu geleistet werden, der Stigmatisierung von Opfern entgegenzuwirken. Mit der Einsetzung dieses Tages wollte der Europarat auch die Umsetzung der Lanzarote-Konvention unterstützen, die seine Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, alle Formen sexueller Gewalt an Kindern zu verurteilen und dagegen anzukämpfen.



Der Europarat ist nicht zu verwechseln mit dem "Europäischen Rat", dem Gremium aller Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union. Ihn gibt es seit 1949. Dem Europarat gehören auch Länder an, die nicht Mitglied der EU sind - etwa die Türkei oder Russland. Die Lanzarote-Konvention - oder auch "Übereinkommen zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch" - wurde 2007 verabschiedet. Darin verpflichten sich die Mitgliedsstaaten, unter anderem mit Aktionen auf Missbrauch aufmerksam zu machen.