Missbrauchsopfer fordern Dialog mit Bischöfen

Missbrauchsopfer fordern Dialog mit Bischöfen
Die Deutsche Bischofskonferenz muss nach Meinung der Missbrauchsopfer einen Schritt auf die Betroffenen zugehen. Nach der Veröffentlichung der Studie zu sexueller Gewalt in der katholischen Kirche am Dienstag erwarte er, dass die Bischöfe mit den Opfern ins Gespräch träten, sagte der Sprecher der Initiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Zwar werde nach Bekanntwerden erster Zahlen aus der Studie bereits viel über die Zukunft des Zölibats diskutiert. "Entscheidend ist aber, dass die Betroffenen zu Wort kommen." 

Außerdem forderte der Vertreter der Opfer-Initiative eine unabhängige Aufarbeitung durch staatliche Stellen, eine angemessene Opfer-Entschädigung, die Öffnung der Archive in Deutschland und im Vatikan für wissenschaftliche Untersuchungen und die Einbindung von Laien bei der innerkirchlichen Aufarbeitung. "Derzeit richten Kleriker über Kleriker. Da kann man nicht viel Aufklärung erwarten", betonte Katsch.

Zudem müssten im Kirchenrecht Kindesmissbrauch als Verbrechen klar formuliert und Bischöfe als oberste Verantwortliche für Missbrauchsfälle in ihren Diözesen zur Rechenschaft gezogen werden. "Bislang beruft sich die Kirche bei Missbrauch auf das sechste Gebot", sagte Katsch. Danach werde beispielsweise die Affäre eines Priesters mit einer verheirateten Frau mit dem Missbrauch eines Kindes gleichgesetzt. "Das muss die Kirche endlich klar voneinander trennen", verlangte Katsch. "Und wer Missbrauch vertuscht, darf kein Bischof mehr sein."

Die ersten Reaktionen aus den Reihen der Bischöfe auf die vorab von einzelnen Medien veröffentlichten Zahlen aus der Studie wertete Katsch als ein "fast schon rituelles Erschüttern". Es sei längst bekannt, dass die Zahlen nur die Spitze des Eisbergs und einen "Teil der Wirklichkeit" zeigten. "Alle tun überrascht, niemand ist verantwortlich. Wichtig aber wäre, über Konsequenzen innerhalb der Kirche nachzudenken. Davon habe ich bislang wenig gehört."


Mit der zögerlichen Veröffentlichung der Studie auch gegenüber den Bischöfen zeige die katholische Kirche, dass sie immer noch "ein extremes Kontrollbedürfnis" habe. Dies spiegele auch das Untersuchungsdesign, wonach die Wissenschaftler aus Mannheim, Heidelberg und Gießen keinen direkten Zugang zu den Akten erhielten. Damit signalisiere die katholische Kirche in Deutschland aber lediglich, dass sie es am Ende "doch nicht so genau wissen will". 

Laut "Spiegel" und "Zeit" weist die Studie zwischen 1946 und 2014 insgesamt 3.677 Kinder und Jugendliche als Opfer sexueller Vergehen durch 1.670 Priester, Ordensmänner und Diakone aus. Die Opfer waren überwiegend Jungen.