TV-Tipp: "Urlaub mit Mama" (ARD)

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TV-Tipp: "Urlaub mit Mama" (ARD)
14.9., ARD, 20.15 Uhr
Als der amerikanische Ingenieur Edward R. Murphy 1949 sein später nach ihm benanntes Gesetz formulierte, war das keineswegs als Witz gemeint. Die vermeintlich pessimistische Weltsicht - "Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen" - ist vielmehr die Mahnung, dass jeder scheinbar perfekte Plan eine Schwachstelle hat, mit der niemand gerechnet hat. Als filmisches Konzept hat sich "Murphy’s Law" schon oft bewährt, vor allem bei Komödien.

Natürlich sind die Geschichten umso komischer, je weniger die Hauptfigur in der Lage ist, spontan und gelassen auf die Launen des Schicksals zu reagieren. Vorbild für dieses Genre ist "Ein Ticket für zwei" von John Hughes ("Planes, Trains and Automobiles", 1987, mit Steve Martin und John Candy); Sat.1 hat sich in Anlehnung daran zu dem äußerst vergnüglichen Zweiteiler "Zwei Weihnachtsmänner" (2008) mit Christoph Maria Herbst und Bastian Pastewka inspirieren lassen. Während sich in diesen Filmen zwei Fremde zusammenraufen müssen, schickt Autorin Nina Bohlmann ("Eltern allein zu haus") in "Urlaub mit Mama" Mutter und Tochter auf eine unfreiwillige Odyssee: Andrea (Anja Kling) hat Helga (Christine Schorn) zum Geburtstag den Besuch der Verdi-Oper "Nabucco" in der Arena di Verona geschenkt. Die Tochter nimmt der Mutter allerdings heute noch übel, dass sie einst die Familie verlassen hat. Wegen einer wichtigen Präsentation muss sie ohnehin tags drauf wieder zurück nach Berlin. Das Unglück nimmt seinen Lauf, als eine vulkanische Aschewolke den europäischen Luftverkehr lahmlegt. Weil Zugpersonal und Busfahrer streiken und kein Mietwagen mehr zu haben ist, müssen sich die beiden Frauen irgendwie durchschlagen. Während sich die Mutter nicht aus der Ruhe bringen lässt, balanciert Andrea fortan ständig am Rande des Nervenzusammenbruchs, und natürlich haben die erzwungene Nähe sowie Helgas kleine Sticheleien ("besonders krisenfest bist du ja nicht") prompt zur Folge, dass endlich die alten Rechnungen zur Sprache kommen.

Als Komödienrezept ist so ein Stoff quasi idiotensicher, erst recht, wenn ein Regisseur wie Florian Froschmayer mit zwei derart vorzüglichen Schauspielerinnen arbeiten kann. Die ständigen Streitereien zwischen Helga und Andrea sind zwar nicht frei von Klischees, aber gerade deshalb werden sich vor allem viele Töchter in den Figuren wiederfinden, zumal Andrea verzweifelt versucht, eine intakte Fassade aufrechtzuerhalten. Als Helga längst ahnt, dass ihre Tochter sich was vormacht, antwortet Andrea auf die Frage, ob sie glücklich mit ihrem Leben sei: "Genauso glücklich wie alle anderen auch. Ganz normal glücklich." Dieser Hintergrund bereitet den dramatischen Boden, auf dem sich die heiteren Verwicklungen umso wirkungsvoller entfalten können. Da Anja Kling und Christine Schorn ihre Rollen nicht komödiantisch anlegen, ist der Kontrast zu den komischen Situationen umso größer, zumal Bohlmann den Heldinnen allerlei kuriose Umwege zumutet; zu ihren Zwischenstationen gehört unter anderem ein Bordell. Für zusätzliche Aufregung sorgen Ereignisse am Rande, die den Druck auf Andrea erhöhen: Sie ist Verpackungsdesignerin und erfährt, dass die Ware des Kunden zu groß für die entworfenen Kartons ist; ihr 14jähriger Sohn Felix (Maximilian Ehrenreich) ist bei der Klassenfahrt in Paris mit Alkohol erwischt und heimgeschickt worden; in einem Fernsehbericht über die Folgen der Aschewolke sieht sie ihren angeblich zur Fortbildung in Stockholm weilenden Gatten (Robert Lohr) fröhlich mit seiner Geliebten turteln; und schließlich bleibt sie auch noch im nächtlichen Nirgendwo mit einer Reifenpanne liegen. Helga kommt dagegen vergleichsweise glimpflich davon. Nach einem besonders bösen Streit ("So eine Mutter braucht kein Mensch") ist sie kurzerhand in einen Lkw gestiegen, dessen Fahrer in ein krummes Ding verwickelt ist. Er entpuppt sich zwar nur als Trüffelschmuggler, wird aber trotzdem nervös, als sie in eine Polizeikontrolle geraten. Verhaftet wird jedoch nicht etwa er, sondern sie: Weil sie in Verona ein Auto geklaut hat, muss sie eine Nacht in einem Südtiroler Polizeirevier verbringen, aber der Polizist (Vitus Wieser) entpuppt sich als überraschend gastfreundlich.

Froschmayer bettet all’ diese kleinen und großen Ereignisse in einen ruhigen Handlungsfluss ohne größere Aufregungen; die vielen Canzoni lassen den Film dem ironisch gemeinten Titel zum Trotz in der Tat wie eine Urlaubskomödie wirken. Die Auswahl bekannter Lieder von Adriano Celentano, Dean Martin oder Lucio Dalla entspricht allerdings einem musikalischen Malen nach Zahlen; auch die beschwingte Filmmusik von Marcel Barsotti lässt keinen Zweifel daran, dass erstens alles halb so wild ist und zweitens alles gut wird. Dazu passt auch die Bildgestaltung durch Peter Döttling, der die in der Nähe von Bologna entstandenen Landschaftsbilder in ein wunderschönes frühherbstliches Licht getaucht hat.