TV-Tipp: "Tatort: Macht und Ohnmacht" (ARD)

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TV-Tipp: "Tatort: Macht und Ohnmacht" (ARD)
15.7., ARD, 20.15 Uhr
Zwischen Recht und Unrecht verläuft eine klare Linie, die kein Polizist überschreiten darf. Sagt jedenfalls Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl). Zwar halten sich er und sein Kollege Ivo Batic (Mirsolav Nemec) auch nicht immer an diese Maxime, aber das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen, um Gerechtigkeit walten zu lassen: Das geht zu weit.

Der Reiz dieses Films von Dinah Marte Golch (Edward Berger hat ihr Drehbuch bearbeitet) und Thomas Stiller (Regie) liegt daher weniger in der Aufklärung eines Mordes: Wenn Polizisten in den eigenen Reihen ermitteln, gelten sie selbstredend als Nestbeschmutzer. Erschwerend kommt hinzu, dass die zentrale Figur der Nachforschungen der beste Freund von Carlo Menzinger ist.

Im Grunde ist die einmalige Rückkehr des fünf Jahre zuvor beim Münchener "Tatort" ausgestiegenen Michael Fitz (der Film ist eine Wiederholung aus dem Jahr 2013) spektakulärer als der eigentliche Fall. "Macht und Ohnmacht" ist kein klassischer Sonntagskrimi, sondern ein Polizeifilm nach amerikanischem Muster: Viel wichtiger als die Mördersuche ist das personelle Geflecht im Polizeirevier. Stiller nimmt sich daher viel Zeit, um die Beamten nach dem Selbstmord eines Kollegen beim gemeinsamen Trauern zu zeigen; auch wenn aus der Trauerfeier umgehend ein Fest wird. Wortführer des Reviers und interessanteste Figur des Films ist Matteo Lechner (Emilio De Marchi). Er repräsentiert einen Typus, der gerade im Hollywood-Kino immer mehr wieder auftaucht: ein Streifenpolizist, der ohnmächtig mit ansehen muss, wie die Verbrecher, die er verhaftet hat, wieder laufen gelassen werden. Ausgerechnet Carlo kriegt zufällig mit, wie sich sein Freund mit einem jungen Mann streitet, der Tags drauf erschlagen aufgefunden wird. Dass sich die Mordwaffe in Lechners Werkzeugkasten findet, spricht allerdings eher für als gegen ihn. Und schließlich taucht ein Video auf, das belegt: Offenbar war das halbe Revier am Kreuzzug gegen das Verbrechen beteiligt.

Stiller inszeniert den Film gerade zu Beginn recht flott, als die Beamten mehrere Jugendliche verfolgen. Auch später verhindert die unstete Kamera (Philipp Sichler) und die Musik (Fabian Römer) jenes Wohlgefühl, das Krimis aus München mitunter verbreiten; dafür ist das Thema ohnehin zu ernst. Fall und Machart trüben zudem die Wiedersehensfreude des Duos mit ihrem alten Kumpel Carlo, der dafür diesmal als teilnehmender Beobachter stärker in den Fall involviert ist als zu seinen aktiven Zeiten. Fitz und die Kollegen fremdeln allerdings kein bisschen; es ist, als wäre er nie weg gewesen. Für zusätzliche Komplexität sorgt eine Nebengeschichte, die die Ohnmacht der Polizisten illustriert: Ein Anwalt (Torben Liebrecht) misshandelt offenbar immer wieder seine Frau (Alma Leiberg); die jedoch beteuert standhaft, Blutergüsse und Knochenbrüche seien Folgen ihrer Ungeschicklichkeit. Die mit Ausnahme der Hauptdarsteller überwiegend wenig bekannten Schauspieler sind ausgezeichnet. Ein unbequemer, aber sehenswerter "Tatort".