Antisemitismusbeauftragter will Vorfälle zentral erfassen

Felix Klein, Antisemitismus-Beauftragter der Bundesregierung.
Foto: Rene Bertrand/Bundesinnenministerium
Felix Klein will antisemitische Vorfälle bundesweit zentral erfassen.
Antisemitismusbeauftragter will Vorfälle zentral erfassen
Bisher werden antisemitistische Vorfälle nirgendwo zentral erfasst und analysiert - das soll sich jedoch schon bald ändern. Der neue Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung misst diesem Projekt hohe Priorität zu.

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, will antisemitische Vorfälle bundesweit zentral erfassen: "Das ist eins der ersten Dinge, um die ich mich kümmern werde, wenn ich im Amt bin", sagte Klein am Donnerstag im Inforadio vom rbb. Es gebe zwar bereits einige gute regionale Initiativen wie die Recherche- und Informationsstelle gegen Antisemitismus in Berlin. Bundesweit aber stehe dies noch aus.

An mehreren Orten hatte es am Mittwochabend Demonstrationen gegen Antisemitismus gegeben. Viele Teilnehmer trugen die jüdische Kopfbedeckung. In Berlin folgten laut Polizei rund 2.500 Menschen dem Aufruf der Jüdischen Gemeinde "Berlin trägt Kippa". Eine Solidaritätsaktion gab es auch in Köln mit rund 1.000 Teilnehmern.

Klein, der sein Amt am 1. Mai antritt, sagte: "Antisemitismus hat es in Deutschland immer schon gegeben. Aber jetzt äußert er sich unverhohlener und auch aggressiver." Um konkrete Maßnahmen dagegen entwickeln zu können, müsse man genau wissen, wo der Antisemitismus sitze, wo er herkomme. Das Vorgehen gegen solche Vorurteile in der Mitte der Gesellschaft sei allerdings eine Aufgabe, "die nur mittel- und langfristig zu lösen ist".

Der Historiker Wolfgang Benz warnte indes vor einer übertriebenen Darstellung eines neuen Antisemitismus im Land. "Die Wissenschaft sagt, dass es keinen Anstieg gibt", sagte er dem Bayerischen Rundfunk. "Das widerspricht aber sicher emotionalen Befindlichkeiten." Der Antisemitismus in Deutschland sei kein neues Phänomen, betonte der Experte. "Nein, es gibt hier keinen neuen Antisemitismus. Es ist der alte, der Bodensatz in der Gesellschaft. Der wird nicht schlimmer, aber es ist schlimm genug, dass es ihn überhaupt gibt."

Zuwanderer seien nicht gekommen, um Antisemitismus zu forcieren, sagte Benz. "Aber es ist so schrecklich einfach, von unserem selbstgemachten, deutschen Antisemitismus abzulenken, indem man mit dem Finger auf andere zeigt." Der Historiker macht aber auch deutlichen Widerstand gegen diese Strömungen in der deutschen Öffentlichkeit aus. "Die gute Botschaft ist doch die, dass Tausende auf die Straße gehen und sagen: Wir wollen das nicht, das verstößt gegen die politische Kultur in diesem Lande. In dieser Gesellschaft ist Antisemitismus geächtet wie in keiner anderen Gesellschaft."

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), forderte weiter Engagement der Zivilgesellschaft gegen Antisemitismus. "Ein lautes und starkes Nein zu religiösem Mobbing, zu tätlichen Angriffen, Verunglimpfungen und Hass" sei notwendig, sagte sie der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstag). Die Solidaritätskundgebungen gegen Judenhass in Berlin und anderen Städten bezeichnete sie als "wichtiges Zeichen". Widmann-Mauz sieht besonders die islamischen Verbände in der Pflicht. Die Religionsgemeinschaften müssten sich "zu einem klaren Nein zu Antisemitismus" bekennen.