TV-Tipp: "Teufelsmoor" (ARD)

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TV-Tipp: "Teufelsmoor" (ARD)
17.1., ARD, 20.15 Uhr: "Teufelsmoor"
Einer Sage zufolge will sich ein Moormann jedes Jahr in den winterlichen Raunächten eine Seele holen; um das zu verhindern, stellen die Dorfbewohner Laternen ins Fenster. Das letzte Opfer des Monsters stammte aus der Familie von Inga Hauck (Silke Bodenbender): Ihr kleiner Bruder ist vor drei Jahrzehnten im Moor verschwunden. Dieses Trauma hat die Frau nie bewältigt; sie war damals acht Jahre alt und sollte auf Magnus aufpassen.

Der Handlungskern dieser Familientragödie ähnelt den Krimidramen, die das ZDF regelmäßig in seinen Montagsfilmen erzählt: Der Tod eines nahen Angehörigen zwingt eine Frau dazu, nach vielen Jahren in ihr Heimatdorf zurückzukehren, wo sie mit den Erinnerungen an ein traumatisches Ereignis aus ihrer Kindheit oder Jugend konfrontiert wird. Auch der Titel würde passen, schließlich setzt das "Zweite" auf diese Weisen gern gewisse Schlüsselreize. Tatsächlich ist "Teufelsmoor" ein eher ungewöhnlicher Mittwochsfilm im "Ersten", zumal sich Brigitte Maria Bertele bei ihrer Inszenierung wiederholt beim Horrorgenre bedient; mitunter erinnert ihre Arbeit an die teilweise durchaus sehenswerten Produktionen, mit denen ProSieben vor zwanzig Jahren seinem jungen Publikum das Gruseln lehren wollte. Ähnlich wie einst "Biikenbrennen" (1999) orientiert sich das erste verfilmte Drehbuch von Corinna Vogelsang an alten norddeutschen Bräuchen: Einer Sage zufolge will sich ein Moormann jedes Jahr in den winterlichen Raunächten eine Seele holen; um das zu verhindern, stellen die Dorfbewohner Laternen ins Fenster. Das letzte Opfer des Monsters stammte aus der Familie von Inga Hauck (Silke Bodenbender): Ihr kleiner Bruder ist vor drei Jahrzehnten im Moor verschwunden. Dieses Trauma hat die Frau nie bewältigt; sie war damals acht Jahre alt und sollte auf Magnus aufpassen. Seit der Geburt ihres sechsjährigen Sohnes Max war Inga nicht mehr zuhause. Als ihr Vater stirbt, kommt sie zurück; Max ist heute so alt wie Magnus. Wieder ist es Winter, wieder warnen die Einheimischen vor dem Ungeheuer aus dem Moor, und Inga wird von ihren Erinnerungen heimgesucht. Ihre Adoptivschwester Anna (Bibiana Beglau), deren erwachsener Bruder Zoltan seit jenem unglückseligen Tag ebenfalls nie wieder gesehen wurde, sorgt nach Kräften dafür, dass sie mit dem Schrecken von einst konfrontiert wird.

Für Grimme-Preisträgerin Bertele ("Grenzgang") ist das auf den ersten Blick ein höchst ungewöhnlicher Stoff, schließlich hat sich die Regisseurin ihren ausgezeichneten Ruf vor allem durch Dramen wie "Nacht vor Augen", "Der Brand" oder "Ellas Entscheidung" erworben. Seit einigen Jahren versucht sie sich jedoch mit Erfolg auch in anderen Genres, darunter die Donnerstagskrimis mit Melika Foroutan als Kommissarin Louise Bonì ("Begierde") oder der Polit- und Medienthriller "Die vierte Gewalt". "Teufelsmoor" ist zwar kein Horrorfilm, zumal das tragische Schicksal von Magnus und Zoltan nichts mit dem Moormonster zu tun hat, aber Bertele zieht viele Register des Genres, um zu verdeutlichen, wie Inga mehr und mehr abdriftet, als sie die einstigen Ereignisse erneut durchlebt. Da die Spannung der Geschichte vor allem aus den offenen Fragen resultiert, lässt sie ausgerechnet im letzten Drittel nach, als Inga die Antworten findet. Das Finale schließlich, als sich die Frau endlich den Geistern ihrer Vergangenheit stellt, treibt den Nervenkitzel nicht etwa auf die Spitze, sondern wirkt sogar unfreiwillig komisch.

Trotzdem ist "Teufelsmoor" dank des geschickten Einsatzes vieler kleiner Schockmomente durchaus fesselnd. Sehenswert sind vor allem die beiden Hauptdarstellerinnen. Schon die Kombination ist clever: hier die gern bodenständig besetzte blonde Bodenbender, dort die wildgelockte brünette Beglau, deren Figuren stets etwas speziell sind. Bertele inszeniert die beiden Frauen konsequent als Kontrast: die eine transparent und verletzlich, die andere undurchdringlich und düster. Weil Anna mitunter wirkt, als sei sie mit dem Bösen im Bunde, ist die Rollenverteilung klar: Sie scheint ihre Adoptivschwester mit Erfolg in den Wahnsinn treiben zu wollen und lässt Max zu diesem Zweck wie Magnus aussehen, um Inga mit einem Déjà-vu zu konfrontieren; der kleine Cai Cohrs spielt beide Kinderrollen und macht das ziemlich gut. Ähnlich herausragend wie Bodenbender, die Ingas strapaziöse Wanderung durch alle möglichen seelischen Abgründe jederzeit glaubwürdig vermittelt, ist die Bildgestaltung. Kameramann Sten Mende taucht die Landschaft in ein klirrend kaltes Winterlicht, leitet die Rückblenden in Ingas Kindheit gern mit gleißendem Gegenlicht ein und lässt das Elternhaus finster wie eine Gruft erscheinen. Selbst die gelegentlichen Schmuckbilder von prachtvollen Sonnenuntergängen wirken schließlich sinister.