TV-Tipp: "Krügers Odyssee" (ARD)

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TV-Tipp: "Krügers Odyssee" (ARD)
5.1., ARD, 20.15 Uhr
Wenn unterschiedliche Kulturen aufeinanderprallen, ist der Witz in der Regel das Resultat eines Vorurteils: weil ein meist älterer und gern verbohrter Deutscher erkennen muss, dass die anderen Menschen wie er selbst sind. "Krüger aus Almanya" (2015) hat diese Geschichte in Reinkultur erzählt.

Paul Krüger (Horst Krause), ein alter Grantler aus Kreuzberg, ärgert sich von Tag zu Tag mehr darüber, dass ihm sein Kiez wegen der vielen Zuwanderer immer fremder wird; und jetzt will sich seine geliebte Enkelin Anna ausgerechnet mit einen Türken verloben. In Antalya bekommt Krügers zementiertes Weltbild allerdings kräftige Risse. Nun erzählt Regisseur Marc-Andreas Bochert die gleiche Geschichte noch mal. Reiseziel ist diesmal jedoch Griechenland, denn dort lebt Annas Vater. Den hat sie zwar nie kennen gelernt, doch er soll sie zum Altar führen. Weil die junge Frau (diesmal von Anna Hausburg verkörpert) hochschwanger ist und nicht mehr fliegen darf, soll Paul den Erzeuger ausfindig machen. Begleitet wird er von seinen besten Freunden: dem lebensfreudigen Ecki (Jörg Gudzuhn) und dem gebildeten Bernd (Fritz Roth). Der Titel "Krügers Odyssee" nimmt vorweg, dass die Suche nach Harald gar nicht so einfach ist; das Trio landet unter anderem in einer Aussteigerkommune und schließlich in einem Kloster. Als Fortbewegungsmittel dient zwar vorübergehend auch ein Auto, doch im Wesentlichen findet dieses Road Movie per Schiff, zu Fuß oder auf Eseln statt.

Wie schon "Krüger aus Almanya" lebt auch der zweite Film von der Konfrontation des Klischees mit der Wirklichkeit. Und weil der Titelheld dank seiner Erfahrungen in der Türkei etwas weltmännischer geworden ist, war es eine ausgezeichnete Idee, ihn diesmal von seinen Freunden begleiten zu lassen. Das Trio wäre schon für sich allein komisch, weil die drei alten Hasen ihre Figuren mit großer Spielfreude verkörpern, aber die Begegnungen mit den Einheimischen sorgen natürlich für viel Zünd- und Gesprächsstoff. Bochert hat das Drehbuch zusammen mit Ulla Ziemann geschrieben, und vermutlich hat es großen Spaß gemacht, alle nur denkbaren Vorurteile in die Geschichte zu packen: Weil Ecki die Reisekasse im Schuh aufbewahrt, damit das Geld nicht geklaut werden kann, sagt Krüger: "Was du für Vorurteile hast! Wir sind doch nicht in Italien." Aber die Griechen bekommen auch ihr Fett weg. Dauernd wird irgendwo gestreikt, und die verspätete Fähre nach Ithaka trifft entweder in einer Stunde ein oder in zwei oder vielleicht doch erst morgen.

Sehr schön sind auch die Running Gags der Geschichte: Der ständig hungrige Ecki wird immer verzweifelter, weil es ausgerechnet in Griechenland nirgendwo seinen geliebten "Akropolis-Teller" mit verschiedenen Fleischsorten gibt. Die Aussteigerkommune lädt die drei zwar zum Essen ein, doch kredenzt wird Steckrübenmus; immerhin findet Ecki Trost bei der Sirene Penelope (Sabine Vitua). Auch die Einheimischen scheinen allesamt Vegetarier zu sein; Krüger hat so etwas offenbar geahnt und vorsorglich ein paar Gläser Bockwurst eingepackt. Andererseits machen Ecki und Bernd die gleiche Erfahrung, wie sie Krüger bereits in der Türkei erleben durfte: Die Menschen sind von einer fast schon beschämenden Hilfsbereitschaft, Herzlichkeit und Gastfreundschaft. Den gesuchten Harald findet das Trio trotzdem nicht, weil er immer schon weitergezogen ist, wenn sie auf seine Spur stoßen; bis sie ihn schließlich zurückgezogen in einem orthodoxen Kloster aufstöbern. Dort entpuppt sich der vermeintliche Hallodri (Harald Schrott), der einst Frau und Kind im Stich gelassen hat, als ernsthafter Mönch, der keine Ahnung hat, dass er Vater einer Tochter ist; das hatte Krügers Tochter Susanne (Floriane Daniel) immer etwas anders dargestellt.

Die Handlung ist ohnehin weit mehr als bloß ein Vorwand für die Odyssee, in der Menschen mit humanistischer Bildung selbstverständlich diverse Anspielungen auf die Irrfahrten des Odysseus entdecken werden. Die Dialoge machen ebenfalls großen Spaß. Was sich die drei Freunde, die ständig zwischen Streit und Versöhnung pendeln, an Aphorismen an den Kopf werfen, hat zum Teil echten Kleinodcharakter. Außerdem fallen die geäußerten Vorurteile ausnahmslos auf das Trio zurück, weil Bochert jedes Griechenklischee prompt mit typisch deutschen Verhaltensweisen kontert. Trotzdem ist "Krügers Odyssee" kein Klamauk; der Regisseur streut immer wieder auch nachdenkliche Momente ein. Es wäre daher schön, wenn sich in Krügers Biografie weitere Bezüge zu südeuropäischen Gefilden finden ließen.