NS-Vergleich von AfD-Politikerin: Kirchen sprechen von "Entgleisung"

 In einem Interview zog die Bundestagsfraktionsvorsitzende Alice Weidel einen Vergleich mit der Rolle der Kirchen in der NS-Zeit.
Foto: dpa/Hauke-Christian Dittrich
In einem Interview zog die Bundestagsfraktionsvorsitzende Alice Weidel einen Vergleich mit der Rolle der Kirchen in der NS-Zeit.
NS-Vergleich von AfD-Politikerin: Kirchen sprechen von "Entgleisung"
Die Kirchen wollen sich vom drastischen Vergleich der AfD-Politikerin Alice Weidel zwischen der Haltung der Kirchen heute mit ihrer Rolle in der NS-Zeit nicht provozieren lassen.

Die AfD hat erneut die Kirchen scharf angegriffen. In einem Interview zog die Bundestagsfraktionsvorsitzende Alice Weidel einen Vergleich mit der Rolle der Kirchen in der NS-Zeit. Sprecher von Evangelischer Kirche in Deutschland (EKD) und katholischer Deutscher Bischofskonferenz (DBK) erklärten am Donnerstag, diese "Entgleisung" beziehungsweise "Polemik" wolle man nicht kommentieren. "Die vor uns liegenden Festtage sind eine gute Gelegenheit, um zur Besinnung zu kommen. Auch für Frau Weidel", sagte ein EKD-Sprecher. "Wir wünschen Frau Weidel eine licht- und erkenntnisreiche Weihnacht", erklärte knapp DBK-Sprecher Matthias Kopp.

Weidel hatte dem "Focus" im Zusammenhang mit der Haltung der Kirchen zur Flüchtlingspolitik gesagt, die "Amtskirchen, egal ob evangelisch oder katholisch", seien "durch und durch politisiert". "Die Trennung von Staat und Kirche wird nicht mehr eingehalten", sagte die Vorsitzende der AfD-Fraktion im Bundestag und ergänzte: "Damit spielen weite Teile der Kirchen bis auf wenige Ausnahmen genau die gleiche unrühmliche Rolle, die sie auch im Dritten Reich gespielt haben." Weiter sagte sie, die AfD sei "die einzige christliche Partei, die es noch gibt".

Für Empörung sorgen die Äußerungen beim Bundesvorsitzenden des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU, Thomas Rachel. Der Vergleich mit der Nazi-Zeit sei "absurd und diffamierend", erklärte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesbildungsministerium, der auch dem Rat der EKD angehört. Die Äußerungen seien ein Beispiel dafür, "wie die AfD auf Spaltung und Polarisierung in unserer Gesellschaft setzt". Die Partei sei "ein Sammelbecken von Leuten mit zum Teil unverhohlen nationalistischem und völkischem Gedankengut", so Rachel.

Vertreter der rechtskonservativen Partei hatten die Kirchen wiederholt scharf angegriffen, insbesondere nachdem führende Vertreter von Protestanten und Katholiken die Vereinbarkeit von Positionen der AfD mit der christlichen Botschaft infrage gestellt hatten. AfD-Chef Jörg Meuthen warf den Kirchen nach der Bundestagswahl vor, sich "relativ unfreundlich" über die AfD zu äußern. Auch zum Kirchenaustritt wurde aus den Reihen der AfD bereits aufgerufen.

In der NS-Zeit unterstützten die damaligen "Deutschen Christen" die Nazis. Dagegen bildete sich auf evangelischer Seite die Bekennende Kirche, deren Anhänger als Oppositionelle verfolgt wurden. Grundlage der Bekennenden Kirche war die Barmer Erklärung, die eine an Rasse und Boden orientierte Theologie ablehnte.

Die Evangelische Kirche in Deutschland versteht sich heute in der Tradition dieser Erklärung, die in ihren Thesen vor allem ein Bekenntnis zu Jesus Christus als Herrn enthält. Das Bekenntnis zu Barmen soll auch unterstreichen, dass die evangelische Kirche Lehren aus den Verstrickungen zwischen Kirche und Nationalsozialisten gezogen hat. In einigen Landeskirchen werden Pfarrer auch auf die Barmer Erklärung verpflichtet.