Islamismus-Experte: Radikalisierung meist nicht in der Moschee

Gebet in Moschee
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Die Moschee dient dem Gebet. Die Radikalisierung von islamistischen Terroristen geschieht eher in kleinen Gruppen oder im Internet.
Islamismus-Experte: Radikalisierung meist nicht in der Moschee
Islamistische Terroristen radikalisieren sich nach Einschätzung des Islamexperten Olivier Roy weniger in Moscheen als in kleinen Gruppen.

"Der erste Ort der Radikalisierung ist das Gefängnis", sagte der französische Politikwissenschaftler dem "Kölner Stadt-Anzeiger (Donnerstag). "Oder sie findet in kleinen Gruppen von Freunden und Brüdern statt." Diese örtlichen Gruppen radikalisierten sich meist durch den Einfluss von Dritten, etwa über das Internet, und stünden über eine Kontaktperson mit Terrororganisationen wie dem "Islamischen Staat" in Verbindung.

Dieses Muster habe sich etwa bei den Attentätern in Barcelona, Brüssel, Paris und London gezeigt. "Keiner von ihnen ist wirklich in einer örtlichen muslimischen Gemeinde aktiv", sagte der Experte, dessen Buch "Ihr liebt das Leben, wir lieben den Tod. Der Dschihad und die Wurzeln des Terrors" gerade erschienen ist. "Die meisten von ihnen haben kein oder nur wenig religiöses Wissen."

"Wir drängen die religiösen Gemeinschaften, die modernen säkularen Werte zu akzeptieren, etwa dass sie liberal werden. Damit übergeben wir den Radikalen das Monopol der Religion"

Als Grund für die Radikalisierung sieht der Islamexperte eine Entkoppelung der Religion von der Kultur, eine "Dekulturation der Religion". Dadurch bestünden keine Brücken zwischen Gläubigen und Nicht-Gläubigen. Roy argumentierte, es sei daher der falsche Weg, den Terrorismus durch die Säkularisierung bekämpfen zu wollen. "Wir drängen die religiösen Gemeinschaften, die modernen säkularen Werte zu akzeptieren, etwa dass sie liberal werden", sagte der Wissenschaftler. "Indem wir das tun, übergeben wir den Radikalen das Monopol der Religion. Ein strategischer Fehler." Man dürfe radikalen Islamisten nicht die Rolle überlassen, dass sie das Monopol auf den "guten" Islam hätten.