Himmelblaue Briefe sprechen Kirchenmitglieder heilig

Himmelblaue Briefe sprechen Kirchenmitglieder heilig
EKHN startet besondere Aktion zum 500. Reformationsjubiläum
"Heilig? Ich? Ja!": Mit dieser irritierenden Aussage wendet sich die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) seit dieser Woche in himmelblauen Briefen an ihre 1,6 Millionen Mitglieder.

Mit der bis Ende Juni dauernden Aktion greife die Kirche einen zentralen Gedanken des Reformators Martin Luther (1483-1546) auf, sagte Kirchenpräsident Volker Jung. Nach seiner Auslegung gilt die liebevolle Zuwendung Gottes jedem Menschen, unabhängig von seiner Leistung. "Wir verlieren unseren Wert auch nicht, wenn wir versagt haben oder nichts mehr leisten können." Mit der Aktion wende sich die EKHN auch gegen das vermehrte Leistungsdenken in der Gesellschaft, sagte Jung. Zudem wolle sie den Menschen Mut machen, die Muße für sich neu zu entdecken.

Die zehnte sogenannte Impulspost-Sendung begrüßt die Empfängerinnen und Empfänger der mehrfach auffaltbaren Briefe mit einem aufmunternden "Sie sehen gut aus!", einem "Sie werden gebraucht" und einem Text von Kirchenpräsident Jung zur reformatorischen Erkenntnis, "dass Gottes unumstößliches 'Ja' jedem Menschen gilt". 

Gestartet wurde die Aktion in der Weißfrauen-Diakoniekirche im Frankfurter Bahnhofsviertel, in dessen Untergeschoss ein Tagestreff für Wohnungslose untergebracht ist. Der Ort sei nicht zufällig ausgewählt worden, sagte der Leiter des Diakonischen Werks für Frankfurt, Michael Frase. Denn in der Kirche und dem benachbarten Diakoniezentrum Weser5 strandeten viele Menschen, die sich als wertlos und überflüssig empfänden. Fast 80 Prozent kämen aus Bulgarien und Rumänien. Die Diakonie versuche ihnen zu helfen, sie in reformatorischem Sinn respekt- und würdevoll zu behandeln und ihnen neues Selbstbewusstsein zu vermitteln.

Die rund eine Million Briefsendungen werden durch Aktionen in Kirchengemeinden begleitet, die unter anderem großflächige Aktionsmotive in himmelblauer Farbe an ihren Gebäuden anbringen. Unterstützt wird sie durch die Internetseite: www.gott-glaubt-an-mich.de. Insgesamt würden für die Aktion 43 Cent pro Kirchenmitglied aufgewandt, ein Brief allein koste inklusive Porto 28 Cent pro Mitglied, sagte Martin Reinel von der Evangelischen Öffentlichkeitsarbeit. Insgesamt flössen rund 654.000 Euro in die Aktion.  

Die Impulspost-Sendung sei eingebunden in ein breites Mitmach-Konzept, erläuterte Reinel. So beteiligten sich wieder rund die Hälfte der 1.151 hessen-nassauischen Kirchengemeinden mit eigenen Aktivitäten. Insgesamt hätten sie über den kostenlosen Materialdienst knapp 1.000 großformatige Banner beispielsweise für Kirchtürme mit dem blauen Aktionsmotiv sowie Flaggen bestellt. Daneben bietet die dazugehörige Internetseite www.gott-glaubt-an-mich.de zahlreiche Praxistipps für die Umsetzung vor Ort wie Andachten, Gottesdienstbausteine, Gesprächstipps oder Vorlagen für Gemeindebriefe. Menschen können sich per Brief, E-Mail oder Telefon an die Kirche wenden. Zum Thema "Gott glaubt an mich" erscheint zudem eine Sonderbeilage der "Evangelischen Sonntags-Zeitung", die kostenlos bestellt werden kann.

Seit 2012 versendet die Landeskirche zweimal im Jahr einen Brief an alle Mitglieder mit einem besonderen Glaubens-Anstoß. Sie will mit der "Impulspost" Themen, die für das Zusammenleben von Menschen wichtig sind, mit einer besonderen christlichen Perspektive zu ihren Mitgliedern bringen. Die professionelle Umsetzung übernahmen wieder die Agentur "gobasil" (Hamburg/Hannover) und das evangelische Medienhaus in Frankfurt. Zuletzt sorgte im vergangenen Herbst die Zusendung der Impulspost mit einer "Bibel auf Bierdeckel" für Aufsehen. Für den Herbst ist zum Höhepunkt des 500. Reformationsjahres bereits eine weitere Initiative geplant.