Befreiung von Bergen-Belsen vor 72 Jahren

Befreiung von Bergen-Belsen vor 72 Jahren
Gedenkveranstaltung mit KZ-Überlebenden und Politikern in Bergen-Belsen
Kulturstaatsministerin Monika Grütters warnt vor Missbrauch der Erinnerungskultur.

KZ-Überlebende und Politiker haben am Sonntag an
die Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen vor 72 Jahren erinnert. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) warnte vor neu aufkommendem Rassismus, Ausgrenzungen und nationalistischen Ideologien. "Deshalb widersprechen wir mit aller Entschiedenheit, wenn neue politische Kräfte in unserem Land unsere Erinnerungskultur, an der unsere Gesellschaft und unsere Demokratie gereift sind, für parteipolitische Zwecke missbrauchen", sagte sie auf dem Gelände der niedersächsischen Gedenkstätte Bergen-Belsen.

Nötig seien neue Wege, um die Geschichte zu vermitteln, sagte die CDU-Politikerin. "Weil es 72 Jahre nach der Befreiung der Konzentrationslager immer weniger Zeitzeuginnen und Zeitzeugen gibt, werden Lernorte wie die Gedenkstätte Bergen-Belsen dafür immer wichtiger, gerade für die junge Generation", betonte Grütters. Zugleich wies sie darauf hin, dass Deutschland inzwischen Heimat von Millionen Menschen geworden sei, in deren Herkunftsländern der Antisemitismus weit verbreitet sei.

Bei der Gedenkveranstaltung berichtete die Ukrainerin Anastasja Gulej von ihren Erinnerungen. Die heute 91-Jährige gehört zu den Zehntausenden Männern und Frauen, die zwischen 1943 und 1945 als politische Gefangene nach Bergen-Belsen verschleppt wurden. Sie mussten als Kennzeichen einen roten Winkel an ihrer Häftlingskleidung tragen.

Am 15. April 1945 hatten britische Truppen das Konzentrationslager in der Lüneburger Heide bei Celle befreit. In Bergen-Belsen wurden mehr als 52.000 KZ-Häftlinge und rund 20.000 Kriegsgefangene ermordet oder starben an Hunger, Durst, Krankheiten und den Folgen der Haft. Unter ihnen war auch das jüdische Mädchen Anne Frank, das durch sein Tagebuch weltberühmt wurde.

Am Nachmittag wollte die Gedenkstätte eine Ausstellung eröffnen, die unter der Überschrift "Roter Winkel" an die politischen Gefangenen in Bergen-Belsen erinnert. Der frühere Braunschweiger Ministerpräsident Heinrich Jasper und mindestens acht Reichstagsabgeordnete der Weimarer Republik kamen den Angaben zufolge in dem Lager um. Mehr als die Hälfte der Häftlinge in dem KZ waren politische Gefangene.