TV-Tipp: "2 Sturköpfe im Dreivierteltakt"

TV-Tipp: "2 Sturköpfe im Dreivierteltakt"
Am 10.März, ARD, 20.15 Uhr
Aus unerfindlichen Gründen hat die sogenannte Buddy-Komödie hierzulande längst nicht die gleiche Tradition wie in Hollywood. Dabei funktionieren die Filme genauso wie viele romantische Komödien, nur ohne Kuss am Schluss.

Zwei völlig unterschiedliche Männer, die sich zunächst nicht leiden können, müssen sich angesichts einer gemeinsamen Herausforderung zusammenraufen und werden schließlich Freunde. In stiller Hommage an das mit Walther Mattau und Jack Lemmon verfilmte Neil-Simon-Stück "Ein seltsames Paar" (1968) erzählt das Ehepaar Thomas und Stephanie Kronthaler von Joachim und Hans, zwei gescheiterten Existenzen um die sechzig, die sich gegenseitig als "verklemmten Buchhalter" (Hans über Joachim) oder als "Schmarotzer" (Joachim über Hans) bezichtigen. Die beiden haben nur eins gemeinsam, und das ist Tanzlehrerin Isolde (Andrea L’Arronge), ihre Ex-Frau. Als sie sich ein Bein bricht, bittet sie die Männer, für sie einzuspringen. Natürlich kracht es erst mal gehörig zwischen den beiden konträren Charakteren, aber dann stellen sie fest, dass sie sich in der Tat prima ergänzen: Erbsenzähler Joachim übernimmt das Management, und der von seiner Frau vor die Tür gesetzte Lebenskünstler Hans, der sich auch schon mal am Hundefutter vergreift, sorgt für neue Kunden. Als sie dann noch rausfinden, dass Isolde sie gegeneinander ausgespielt hat, drehen sie den Spieß um.

Es gibt zwar einige gemeinsame Filme von Uwe Ochsenknecht und Herbert Knaup, aber "2 Sturköpfe im Dreivierteltakt" ist ihre erste Freundschaftskomödie. Als Paar, das nicht zusammenpasst, sind sie jedoch mindestens genauso gut wie Ochsenknecht und Lauterbach in der deutschen Version von Neil Simons Stück (2003). Die Rollenverteilung - Ochsenknecht spielt den pedantischen Joachim, Knaup den Lebenskünstler Hans - ist nur auf den ersten Blick überraschend, obwohl die umgekehrte Besetzung angesichts der jeweiligen Filmografien fast naheliegender gewesen wäre. Aber natürlich ist es viel schöner, wenn die Erwartung konterkariert wird, zumal Ochsenknecht den zwar tänzerisch begabten, ansonsten aber personifizierten "Stock im Arsch" (Hans über Joachim) mit Krawatte unterm Pullunder bis an die Schmerzgrenze verkörpert. Er hat die Rolle des Ordnungshüters, der erst mal gründlich saubermacht, auch schon in "Ein seltsames Paar" gespielt.

Mindestens so sehenswert wie die beiden Hauptdarsteller, die vom Drehbuch mit viel Spielmaterial (inklusive einiger Slapstickmomente für Ochsenknecht) versorgt werden, ist das ästhetische Konzept des Films. Kronthaler beginnt seinen Film mit Rock’n’Roll und zeigt die passenden Bilder dazu: Die Farben sind satt, auch das Licht wirkt klassisch; schon die erste Kamerafahrt mit dem Blick auf Isoldes Neonreklame ruft eine ähnliche Stimmung hervor wie George Lucas’ Frühwerk "American Graffiti" (1973) oder zuletzt "Ku’damm 56" (ZDF 2016, ebenfalls mit Ochsenknecht als Tanzlehrer).

Dazu passt auch die Ausstattung des heruntergekommenen Tanzstudios, dessen kunterbunt zusammengewürfelte Einrichtung alle möglichen Modeerscheinungen widerspiegelt und daher einerseits zeitlos, andererseits altmodisch anmutet. Insofern ist auch der wenig Anspruch versprechende Titel zutreffend: Während "Dreivierteltakt" Nostalgie signalisiert, entspricht "Sturköpfe" der Strategie für die ARD-Freitagskomödien, in deren Titeln sich schon Kotzbrocken, Stinkstiefel und Klugscheißer tummelten. 

Das einzige, was den guten Gesamteindruck ein bisschen trübt, ist zumindest zu Beginn die Komposition des Films. Thomas Kronthaler hat gerade für die ARD-Tochter Degeto schon einige sehenswerte Komödien gedreht ("Das Leben ist ein Bauernhof", "Das Wunder von Merching", "Schluss! Aus! Amen!"). Hier jedoch gelingt es ihm nicht, die verschiedenen Handlungsstränge so einzuführen, dass ein harmonischer Erzählfluss entsteht: Nachdem sich die Geschichte ausführlich mit Hans und Joachim beschäftigt hat, tauchen plötzlich aus ihrem eigenen Zusammenhang gerissene weitere Mitwirkende auf. Natürlich fügen sich die verschiedenen Ebenen im weiteren Verlauf zu einem Gesamtbild, aber zunächst fragt man sich unwillkürlich, ob man was verpasst hat. Der Geschichte tun diese Figuren jedoch enorm gut, denn sie verhindern, dass "2 Sturköpfe im Dreivierteltakt" ein Zwei-Personen-Stück bleibt: Als Tanzlehrerin Martha (Sonia Diaz) von ihrem tumben Mann (Rainer Haustein) derart verprügelt wird, dass sie ins Krankenhaus muss, springt kurzerhand ihr Sohn Carlo (Jawad Rajpoot) ein. Erstaunlicherweise findet sein HipHop selbst bei den Senioren großen Anklang. Auch die junge Sophie (Lisa Vicari) ist ziemlich angetan von dem Lockenkopf, was dem Film eine schwer romantische "Dirty Dancing"-Szene mit fallenden Rosenblättern im Gegenlicht beschert; die erste große Hauptrolle dürfte für die junge Lisa Vicari nur eine Frage der Zeit sein.

Weil Carlo die Idee hat, mit sämtlichen Tanzschülern ein Werbevideo zu drehen, steuert die Geschichte geradewegs auf ein märchenhaftes Ende zu; bis Marthas Mann seine Wut an der Tanzschule auslässt. Dank der vielen Tanzeinlagen ist "2 Sturköpfe im Dreivierteltakt" auch ein bisschen Musical, zumal die Truppe ausgezeichnet choreographiert ist, was angesichts der heutzutage knapp bemessenen Drehzeit sicher eine Herausforderung war. Das gilt vor allem für die ausführliche Schlusssequenz mit dem kompletten vielköpfigen Ensemble. Aber der Aufwand hat sich gelohnt: Die Szene am Brunnen vor dem Münchener Friedensdenkmal ist ein hinreißendes Finale für einen Film voller Lebensfreude.