Islam-Professor Khorchide fordert Modelle für deutsche Imam-Ausbildung

Ein Moslem sitzt auf dem Boden und liest in einem Koran.
Foto: Getty Images/iStockphoto/Ibrakovic
Islam-Professor Khorchide fordert Modelle für deutsche Imam-Ausbildung
Der Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide hat Politik und Islam-Verbände dazu aufgefordert, nach Modellen für eine akademisch basierte Imam-Ausbildung in Deutschland zu suchen.

"Der Job als Imam ist für die meisten Studierenden nicht so attraktiv, wie er derzeit gestaltet ist", sagte der Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der Universität Münster dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wir brauchen neue Modelle, bei denen es nicht nur darum geht, am Freitag die Predigt zu halten oder vorzubeten", ergänzte der Professor. Man müsse die Tätigkeit anders als bisher üblich mit seelsorgerlicher Arbeit verknüpfen.

Khorchide erklärte, noch gebe es für Akademiker keine praktische Ausbildung zum klassischen Seelsorger für muslimische Gemeinden, wie sie in den Kirchen etwa über das ans Studium anschließende Vikariat oder Priesterseminar geschieht. Verbände wie der Islamrat und VIKZ hätten eigene Ausbildungsinstitutionen. Der eng mit der Türkei verbundene Verband Ditib, der in Deutschland die meisten Imame beschäftigt, greife auf in der Türkei ausgebildete Geistliche zurück.

"Die Etablierung der islamischen Theologie an den Hochschulen mit dem Ziel der Ausbildung von Imamen wird von manchen als Konkurrenz zu der eigenen Ausbildung gesehen", sagte Khorchide, der zu den bekanntesten Islam-Gelehrten in Deutschland gehört und eine liberale Auslegung vertritt. Hier stelle sich "grundsätzlich die Frage, inwieweit die Verbände bei der Ausbildung mit den Lehrstühlen kooperieren wollen", sagte er: "Wir streben aber die Kooperation an."



Khorchide unterstrich die Bedeutung einer akademischen Ausbildung: "Sie bietet eine Auseinandersetzung mit den verschiedenen Strömungen des Islam, was bei einer Ausbildung in einer Moscheegemeinde in der Regel nicht der Fall ist." Im Studium kämen außerdem Elemente hinzu, die Lebenswirklichkeit und Geschichte der Menschen in Europa vermitteln. "Wenn die Ausbildung das nicht berücksichtigt, haben wir Imame, die den Islam nicht im Kontext der Lebenswirklichkeiten reflektieren", sagte er und warnte: "Dann besteht die Gefahr, dass der Anschluss an die junge Generation verloren geht."

Der Münsteraner Professor rechnet für 2017 mit den ersten Absolventen der Studiengänge für islamische Theologie. Wesentlich beliebter als das Theologiestudium ist derzeit das Lehramtsstudium für islamischen Religionsunterricht. Von den Theologie-Studenten will auch nur eine Minderheit Imam werden. "Viele wollen im akademischen Bereich bleiben oder streben Beratertätigkeiten an", erklärt Khorchide. Unter den Studenten seien auch viele Frauen, "für die der Beruf des Imams ohnehin nicht infrage kommt".