Kieler Landtag debattiert über Gottesbezug in Landesverfassung

Kieler Landtag debattiert über Gottesbezug in Landesverfassung
Schleswig-Holsteins Landtag hat am Freitag erneut kontrovers beraten, ob die Präambel der neuen Landesverfassung nachträglich einen Gottesbezug bekommt. Die evangelische Nordkirche und das katholische Erzbistum Hamburg begrüßten die Diskussion.

Nach der ersten Lesung eines entsprechenden Gesetzentwurfes mit einem Formulierungsvorschlag ist dieser zu weiteren Beratungen einstimmig in den Innen- und Rechtsausschuss weitergeleitet worden. Im Juli vor der Sommerpause soll die zweite abschließende Lesung stattfinden. Die Verfassung kann nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit geändert werden, 46 der insgesamt 69 Abgeordneten müssten dann zustimmen. Ob die Verfassung dann geändert wird, gilt nach wie vor als offen.

Zur Debatte steht der Formulierungsvorschlag: "In Achtung der Verantwortung, die sich aus dem Glauben an Gott oder aus anderen universellen Quellen gemeinsamer Werte ergibt, hat der Landtag in Vertretung der schleswig-holsteinischen Bürgerinnen und Bürger (...) diese Verfassung beschlossen." Ministerpräsident Tosten Albig (SPD) warb für den Vorschlag, den 31 Landtagsabgeordneten aus allen Fraktionen außer der Piratenfraktion unterschrieben hatten. Er sei dankbar für die Formulierung, die ein Kompromiss sei, sagte der Regierungschef.

Volksinitiative sammelt mehr als 42.000 Unterschriften

Der Landtag hatte am 8. Oktober 2014 eine Formulierung für die Präambel der neuen Landesverfassung ohne Gottesbezug beschlossen. Als Reaktion darauf wurde am 2. März 2015 die Volksinitiative für einen Gottesbezug gegründet. Sie sammelte bis Anfang Juli über 42.000 Unterschriften für ihr Anliegen und überreichte sie Landtagspräsident Klaus Schlie (CDU). Zu den Initiatoren gehören neben dem ehemaligen Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen (CDU) auch der frühere Ministerpräsident Björn Engholm (SPD), Vertreter der Nordkirche, des Erzbistums, der Schura und des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden.

Lehnt der Landtag das Anliegen der Volksinitiative in der zweiten Lesung ab, müssten 80.000 Unterschriften für ein Volksbegehren gesammelt werden. Kommt es dann zum Volksentscheid, müssten mehr als 1,1 Millionen Schleswig-Holsteiner zustimmen.

In der Diskussion verwies der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Daniel Günther, auf die Volksinitiative. "Die mehr als 40.000 Menschen, die ihre Unterschrift geleistet haben, sind der sichtbare Beweis dafür, dass vielen Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteinern dieses Thema wichtig ist und der Landtag eine neue Entscheidung treffen soll", sagte er. Die CDU-Fraktion will geschlossen für einen Gottesbezug stimmen.

Kirchen begrüßen Debatte

Während SPD-Fraktionschef Ralf Stegner ebenfalls für einen Gottesbezug in der Präambel der Landesverfassung das Wort ergriff, sprach sich der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Wolfgang Kubicki, dagegen aus. Der Formulierungsvorschlag "eint nicht". Das dürfe so nicht in der Verfassung stehen. Auch weitere Abgeordnete der Piraten, der Grünen, des Südschleswigschen Wählerverbandes SSW und der SPD sprachen sich gegen einen Gottesbezug aus. Zu den Unterzeichnern des Formulierungsvorschlags gehört der Grünen-Abgeordnete Andreas Tietze, der auch Präses der Landessynode (Kirchenparlament) der Nordkirche ist.

Der Sprecher der Volksinitiative für die Aufnahme eines Gottesbezugs und ehemalige Ministerpräsident Carstensen begrüßte die Debatte: "Ich bin sehr zuversichtlich, dass in der zweiten Lesung die erforderliche Mehrheit zusammenkommt. Vertreter unserer Volksinitiative stehen den Abgeordneten und Fraktionen auch weiter gerne für Gespräche zur Verfügung."

Auch die evangelische Nordkirche und das katholische Erzbistum Hamburg begrüßten die Diskussion. Nach den Worten des evangelischen Schleswiger Bischofs Gothart Magaard sei deutlich geworden, dass ein Gottesbezug kein Glaubensbekenntnis ist. Er sei vielmehr ein Ausdruck dafür, "dass der Mensch nicht das Maß aller Dinge ist." Der katholische Erzbischof Stefan Heße äußerte sich zuversichtlich, dass am Ende die erforderliche Mehrheit zustande kommt. "Gleichwohl werde ich die weitere Debatte weiterhin kritisch beobachten", sagte er.