TV-Tipp: "Tatort: Sternschnuppe" (ARD)

TV-Tipp: "Tatort: Sternschnuppe" (ARD)
7.12., ARD, 20.15 Uhr: "Tatort: Sternschnuppe"
Es gehört gewissermaßen zum Markenkern der Reihe "Tatort", dass sich die Krimis regelmäßig mit gesellschaftlichen Missständen auseinandersetzen. Hin und wieder betätigen sich die Autoren aber auch als Kritiker ihres eigenen Mediums.

Als die Münchener Kommissare vor vielen Jahren den Mörder eines Soap-Stars suchten, gab es eine Menge Seitenhiebe gegen das Genre der täglichen Serien ("Einmal täglich", 2000). "Sternschnuppe" funktioniert ganz ähnlich, nur geht es diesmal um Castingshows: Ein bekannter österreichischer Musikproduzent hat im Rahmen eines bizarren Sexspiels sein Leben ausgestöhnt. Der tragische Tod wirkt wie ein "autoerotischer Unfall", doch bei der Obduktion stellt sich die eigentliche Todesursache raus: Dem Mann ist gewissermaßen ein Songtext im Halse stecken geblieben; das Papier findet sich in seiner Luftröhre. Weil er zu Lebzeiten Juror in einem Talentwettbewerb war und sich dort offenbar ähnlich aufzuführen pflegte wie hierzulande Dieter Bohlen, hat er sich im Lauf der Jahre naturgemäß viele Feinde gemacht; Verdächtige gibt es also zuhauf.

Zum Glück verzichtet der für seine bösen Dialoge geschätzte Drehbuchautor Uli Brée auf eine moralinsaure Abrechnung mit dem TV-Genre, auch wenn die Ausflüge in diese für das Ermittlerduo Moritz Eisner und Bibi Fellner fremde Welt den eigentlichen Fall gelegentlich in den Hintergrund drängen. Weil die Show von einem Privatsender produziert wird, darf Brée im Auftrag des öffentlich-rechtlichen ORF genüsslich liebevoll formulierte Gemeinheiten verbreiten. Das ist recht amüsant und zudem entlarvend, zumal der Film nebenbei zeigt, wes Geistes Kind solche Sendungen sind. Weitaus heiterer sind jedoch die Dialogscharmützel der beiden Hauptfiguren, die sich ähnlich hingebungsvolle Dialogduelle liefern wie ihre beiden Kollegen aus Münster; Harald Krassnitzer und Adele Neuhauser haben sichtliches Vergnügen an den Bosheiten, die ihnen Brée in den Mund gelegt hat.

Gleichzeitig gelingt Regisseur Michi Riebl, der zuletzt mit Krassnitzer die Komödie "Der Wettbewerb" gedreht hat, die Gratwanderung: "Sternschnuppe" hat zwar viele witzige Momente, doch die beschränken sich auf das gegenseitige Gefrotzel der beiden Ermittler. Die Erzählebene mit der Castingshow ist bitterer Ernst, denn Brée beschreibt, wie ausbeuterisch diese Formate angelegt sind, weil die Teilnehmer durch Knebelverträge an Sender und Musikproduzenten gebunden sind. Der Privatsender bekommt natürlich ebenfalls sein Fett weg. Leider klaffen die beiden Seiten des Films auch in anderer Hinsicht auseinander: Während Krassnitzer und Neuhauser großes Schauspiel bieten und auch Aglaia Szyszkowitz als frischgebackene Witwe überzeugt, wirken die jungen Darsteller der hoffnungsvollen Talente zum Teil überfordert; dass sie auch gesangliche Schwächen haben, passt wiederum ins Bild.

Sehenswert wegen Nervensäge

Trotzdem ist "Sternschnuppe" sehenswert, gerade weil Eisner und Fellner, die Riebl ohnehin wie ein potenzielles Liebespaar aus einer romantischen Komödie inszeniert, immer wieder abschweifen und sich zwischendurch mehr ihrem nicht existenten Sexualleben als dem Fall widmen. Dass sich Eisner in die musikalische Mutter eines Nachwuchssängers verguckt, passt ins Bild, und der rockige Auftritt der Frau, so sie denn selbst gesungen hat, ist mitreißend. Amüsant sind auch die Auftritte des Assistenten Schimpf (Thomas Stipsits), der als Dauerquassler eine echte Nervensäge ist. Außerdem ist der Schmäh so schön, dass die schauspielerischen Schwächen mancher Mitwirkender unterm Strich nicht weiter ins Gewicht fallen.