Erziehungswissenschaftler Brumlik gegen Integrationsvereinbarungen

Erziehungswissenschaftler Brumlik gegen Integrationsvereinbarungen
Der Frankfurter Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik hat sich gegen verpflichtende Integrationsvereinbarungen mit Flüchtlingen ausgesprochen.

"In einer liberalen Gesellschaft müssen wir mutig genug sein, Werte zu vermitteln", anstatt dafür ein Papier unterschreiben zu lassen, sagte Brumlik bei einer Podiumsdiskussion am Mittwochabend in Berlin. Menschen, die nichts vom Grundgesetz halten, würden dennoch unterschreiben. "Das hilft doch nichts", sagte er.

Die Unionsparteien hatten sich für solche Integrationsvereinbarungen ausgesprochen. Der emeritierte Professor Brumlik erklärte, vieles, was dadurch verhindert werden solle, werde gar nicht erfasst. Eine Beleidigung oder Demütigung eines anderen sei ein Verstoß gegen das Strafgesetzbuch, nicht gegen das Grundgesetz.

Brumlik diskutierte gemeinsam mit der Reformationsbotschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, und dem Islamwissenschaftler Ahmad Milad Karimi über die Rolle der Religionen bei der Integration von Flüchtlingen. Alle drei unterstrichen deren Bedeutung, warnten zugleich aber auch davor, die Religion von Flüchtlingen zu sehr hervorzuheben.



Den Asylsuchenden werde damit von außen etwas zugeschrieben, sagte Käßmann und verwies dabei auf die Diskriminierung und spätere Verfolgung der Juden unter den Nationalsozialisten. Sie vermute außerdem, dass die Zuschreibung mit einem negativen Bild der Religion in einer säkularer werdenden Gesellschaft zusammenhängt, sagte sie. Käßmann forderte die Religionen auf, biblische Werte wie Nächstenliebe und Barmherzigkeit in die Debatte um die Aufnahme von Flüchtlingen einzubringen.

Auch Karimi sieht die Religionsgemeinschaften in einer wichtigen Rolle, warnte dennoch vor übertriebenen religiösen Zuschreibungen. Die derzeitigen Flüchtlinge seien eher "religiös verwundet". Sie hinterfragten, ob es überhaupt einen Gott gibt, der das zulässt, sagte Karimi, der an der Universität Münster lehrt. Langfristig könne die Religion den Menschen aber bei der Überwindung des Schmerzes helfen. "Wenn die Welt an Religion erkrankt, dann kann sie auch nur dadurch Heilung finden", sagte der Religionsphilosoph, der selbst im Alter von 13 Jahren als Flüchtling aus Afghanistan nach Deutschland kam.