Facebook will Initiative für Zivilcourage starten

Facebook will Initiative für Zivilcourage starten
Facebook hat erstmalig eine Initiative gegen Hasskommentare vorgestellt. Kritikern geht der Vorstoß, der vor allem die Methode der "Gegenrede" fördern will, nicht weit genug: Stattdessen müssten Polizei und Staatsanwaltschaft aktiver werden.
19.01.2016
epd
Elisa Makowski

Die Internet-Plattform Facebook hat die Gründung einer "Initiative für Zivilcourage Online" angekündigt. Die Initiative habe sich zum Ziel gesetzt, Extremismus und Hassrede im Internet zu bekämpfen, erklärte Facebook am Montagabend in Berlin. Experten wie dem Medienrechtler Christian Solmecke geht das nicht weit genug: "Die geplante Initiative von Facebook ist als Zusatzmaßnahme zwar grundsätzlich begrüßenswert, allerdings keine Hilfe, um geltendes Recht umzusetzen", sagte der Rechtsanwalt dem Evangelischen Pressedienst (epd). Facebook sei als Plattformanbieter verantwortlich und in der Pflicht, Inhalte mit strafrechtlich relevantem Inhalt zu löschen.

Die Initiative hat es sich nach Facebook-Angaben zum Ziel gesetzt, Extremismus und Hassrede im Internet zu bekämpfen. Sie wurde gemeinsam von Facebook, vom International Centre for the Study of Radicalisation and Political Violence, vom Institute for Strategic Dialogue, von der Amadeu Antonio Stiftung sowie im Beisein von Gerd Billen vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz bekanntgegeben. Die Initiative werde europäische NGOs, die sich im Kampf gegen Online-Extremismus in Europa engagierten, mit mehr als einer Million Euro sowohl finanziell als auch in Bezug auf Marketing-Aktivitäten unterstützen.

Medienrechtler: Ansatz unzureichend

Ziel der Initiative sei, gemeinsam Best-Practice-Beispiele zu erarbeiten, die anschließend Nichtregierunsorganisationen (NGOs), Regierungen und anderen Onlinediensten zur Verfügung gestellt würden, erklärte Facebook. Zudem sollten Instrumente entwickelt werden, mittels derer sich Menschen im Bereich "Counterspeech" engagieren könnten.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte am Dienstag im "Morgenmagazin" des ZDF, Unternehmen wie Facebook, Twitter und Youtube gingen nun stärker in die Verantwortung, um gegen Hasskommentare vorzugehen. Auch die als "Counterspeech" bezeichnete Gegenrede sei aus seiner Sicht eine Möglichkeit, gegen diffamierende Inhalte vorzugehen.

Der Medienrechtler Solmecke bezweifelt allerdings, ob das Problem der Hasskommentare durch vermehrte Gegenreden in den Griff zu bekommen sei. Dieser Ansatz sei unzureichend, wenn es sich bei den Äußerungen bereits um Straftaten handelt. "Internetnutzer, die sich wegen Volksverhetzung im Internet strafbar machen, werden nicht mit einer bloßen Gegenrede zum Umdenken oder gar Löschen der Posts bewegt werden können", sagte der Jurist.

"Eine gewisse Verbesserung"

Für den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, zeigt sich schon "eine gewisse Verbesserung". Bereits überprüfte und vormals für nicht beanstandet erklärte Inhalte wurden plötzlich doch gelöscht, sagte Notz dem Deutschlandfunk."Offenbar ist es mit ausreichend Willen plötzlich doch möglich, mehr gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen", sagte der Netzpolitiker.

Der Kriminologe Thomas-Gabriel Rüdiger befürchtet indes eine Auslagerung der Polizeikompetenz an Facebook: "Diese Initiative ist ein weiterer Schritt, mit dem der Rechtstaat die Verfolgung von Straftaten im digitalen Raum immer stärker an Betreiber auslagert", sagte Rüdiger, der am Institut für Polizeiwissenschaften in Oranienburg zu Internetkriminalität forscht, dem epd. Dagegen wäre es Aufgabe des Rechtstaates, mit Polizei und Staatsanwaltschaft gezielt gegen Hatespeech und andere Delikte im Internet vorzugehen. "Dafür müssen aber mehr Polizisten und Ressourcen für den digitalen Raum bereitgestellt werden."