TV-Tipp: "Frau Roggenschaubs Reise" (ZDF)

TV-Tipp: "Frau Roggenschaubs Reise" (ZDF)
14.12., ZDF, 20.15 Uhr: "Frau Roggenschaubs Reise"
Die ARD hat eine ganz ähnliche Geschichte vor gut einem Jahr erzählt. Das Drama Film hieß "Bis ans Ende der Welt" und lief im Rahmen der Themenwoche Toleranz, und genau das war das Problem dieses Films über die widerwillige Freundschaft zwischen einer voreingenommenen Musiklehrerin (Christiane Hörbiger) und einem Roma-Jungen. Die garstige alte Frau lernt im Verlauf der Handlung, ihre Vorurteile zu überwinden; die Erzählung war ähnlich schlicht und stereotyp wie die Charaktere.

Im Grunde gilt für "Frau Roggenschaubs Reise" genau das gleiche. Hier wird die Kratzbürste von Hannelore Hoger verkörpert, die das selbstredend ähnlich gut kann wie Christiane Hörbiger. Immerhin haben Buch (Beate Langmaack) und Regie (Kai Wessel) diesmal den Mut, auf eine deutliche Läuterung zu verzichten: Auch Rosemarie Roggenschaub muss zwar feststellen, dass die Mitglieder der von ihr hartnäckig Zigeuner genannten Sinti-Familie eigentlich ganz nett sind, aber viel sympathischer wird die alte Dame dadurch nicht; dafür hat sie einfach zu viele Haare auf den Zähnen. Schon die Einführung an ihrem Arbeitsplatz in einer Hamburger Reederei kennzeichnet sie als Rassistin. Die nächste Szene zeigt sie mit ihrem Ex-Mann Klaus (Christian Redl) und dessen neuer Lebensgefährtin (Michaela May), und man sieht förmlich, wie sie dem Paar sein Glück missgönnt. Kurzerhand dreht sie Klausens ganzen Krempel dem jungen Sasha (Rahul Chakraborty) an, der gerade in der Nachbarschaft arbeitet. Warum sie später die Polizei ruft und behauptet, Sasha habe den Kram gestohlen, wird nicht ganz klar, ist aber die Voraussetzung für den Rest der Handlung: Unter den Sachen war auch eine alte Gitarre, und dieser Verlust trifft Klaus wirklich hart; angeblich hat das gute Stück mal Jimi Hendrix gehört, es soll mindestens 100.000 Dollar wert sein. Rosemarie bleibt nichts anderes übrig, als die Stratocaster wiederzubeschaffen, und so lernt sie Sashas Sippe kennen: Sie will selbst im strömenden Regen so lange im Vorgarten von Familie Mandel sitzen bleiben, bis sie die Gitarre wiederbekommt; aber Sasha hat sie längst weiterverkauft.

Die ewig mürrische Frau Roggenschaub bietet all ihrer Biestigkeit zum Trotz viele Anknüpfungspunkte, zumal sie keineswegs zu einer Heiligen wird, nur weil sie gelernt hat, dass auch "Zigeuner" Menschen sind wie du und ich. Genau darin liegt aber auch eine Schwäche des Films: Die von Laiendarstellern verkörperten Mandels sind eine ganz normale Familie. Die Männer führen sich zwar ziemlich patriarchalisch auf, was sich die Frauen klaglos gefallen lassen, aber die Figuren haben zu wenig Tiefe; selbst Sashas Mutter (Rigoletta Loli Weiß) bekommt vor lauter Zwiebelschälen kaum Konturen, obwohl Rosemarie viel Zeit mit ihr verbringt. Bei der Gelegenheit kommt es dann auch zum Informationsaustausch über das Schicksal der Sinti und Roma in der Zeit des Nationalsozialismus, was den Film ein wenig wie Volkshochschulfernsehen wirken lässt.

Davon abgesehen ist es ziemlich mutig, eine furchtbare Person wie Rosemarie Roggenschaub zur Hauptfigur einer Geschichte zu machen. Außerdem weiß ein erfahrener Regisseur wie Wessel ("Die Flucht") natürlich, wie man einen Film kurzweilig inszeniert. Stärker als die Bilder ist jedoch die Akustik: Unbedingt hörenswert ist der Gypsy-Jazz der Hamburger Band Django Deluxe, deren Mitglieder ebenso zur Familie Weiß gehören wie viele der Nebendarsteller. In den ZDF-Filmen spielt die Musik unter den verschiedenen Gewerken ohnehin fast immer eine gleichberechtigte Rolle, aber die Komposition von Ralf Wienrich ist dank der Kombination von Django Deluxe und dem Filmorchester Babelsberg besonders bemerkenswert.