"Prävention vor Extremismus ist machbar"

Vermumter Mann mit Gewehr auf der Schulter.
Foto: Getty Images/iStockphoto/zabelin
Einigen Rückkehrern aus dem Syrienkrieg könnten in Gesprächen neue Sichtweisen eröffnen werden, sagt Thomas Mücke.
"Prävention vor Extremismus ist machbar"
Junge Menschen können nach Einschätzung von Experten aus den Fängen von islamistischen Extremisten befreit werden.

Die Mitarbeiter des Vereins "Violence Prevention Networks" mit Sitz in Berlin hätten bisher allein in Hessen mit 71 gefährdeten Jugendlichen gesprochen, bundesweit mit weit mehr als 100, sagt Geschäftsführer Thomas Mücke. Rund zehn Prozent von ihnen seien Rückkehrer aus dem Krieg in Syrien. Viele der jungen Leute, die in Salafistenkreise geraten seien, seien für Berater ansprechbar.

Extremismusprävention funktioniert nach den Worten von Mücke, wenn das soziale Umfeld aufmerksam auf Verhaltensveränderungen von jungen Menschen reagiert. Extremisten versuchten junge Leute zu gewinnen, indem sie ihnen zunächst persönliche Zuwendung und Bestätigung schenkten. Dann überredeten sie die Neulinge, alle früheren sozialen Kontakte abzubrechen. Bevor es so weit komme, müssten Berater intervenieren und mit den Gefährdeten Gespräche führen, sagte Mücke. Mitarbeiter des Vereins hätten allein in Hessen auch mit 95 Eltern gesprochen, die Angst um ein Abdriften ihrer Kinder hätten.

Die Präventionsberater versuchen nach den Worten des Pädagogen, eine persönliche Beziehung zu den Klienten aufzubauen und Vertrauen zu schaffen. Dann vermittelten sie ihnen Wissen. Die jungen Leute aus Salafistenkreisen hätten keine Ahnung vom Islam und von der deutschen Verfassung. Indoktrinierende Sätze von Salafisten wie: "Du darfst nicht in einem säkularen Staat leben, weil der gegen dich ist" oder "Du darfst keine Cola trinken, weil die von Juden gemacht wird" oder "Im Islam ist schon das Denken an Verbotenes Sünde" könnten mit Wissen widerlegt werden.

Rückkehrer aus dem Syrienkrieg dürften nicht in einen Topf geworfen werden, sagte Mücke. Diejenigen, die dort Hass und Gewalt ausleben wollten, könnten von einer Deradikalisierungsarbeit kaum erreicht werden. Daneben gebe es aber auch solche, die von der dschihadistischen Szene verführt worden seien und in Syrien einen "Realitätsschock" erlitten hätten. Berater könnten ihnen im Gespräch neue Sichtweisen eröffnen und sie zum eigenständigen Denken ermutigen. Auch theologische Diskussionen seien wichtig, etwa um aufzuklären, dass der in Syrien geschworene Treueid zum "Islamischen Staat" keine Bedeutung mehr habe.

Deutschland steht laut Mücke bei der Präventionsarbeit im europäischen Vergleich "nicht schlecht" da. Dennoch sei der Bedarf größer als das Angebot. Die vorhandenen Länderprogramme müssten ausgeweitet und mit den Kommunen verbunden werden.