Protestanten der ersten Stunde

Das Reformationsdenkmal in Genf zeigt die Reformatoren Farel, Calvin, Bezer und Knox (v.l.n.r.).
Foto: epd-bild/Norbert Neetz
Das Reformationsdenkmal in Genf zeigt die Reformatoren Farel, Calvin, Bezer und Knox (v.l.n.r.).
Protestanten der ersten Stunde
Themenjahr 2016 zur internationalen Wirkung der Reformation
Die Kirchenreform im 16. Jahrhundert war eine europaweite Bewegung, und kein rein deutsches Ereignis. Neben Martin Luther (1483-1546) gab es weitere wichtige Reformatoren. Das letzte Themenjahr vor dem 500. Reformationsjubiläum im Jahr 2017, das an diesem Samstag in Straßburg eröffnet wird, will die Aufmerksamkeit auf die internationale Wirkung des dramatischen Wandels in Politik und Kirche am Beginn der Neuzeit lenken. Es steht unter dem Titel "Reformation und die Eine Welt". Protestanten der ersten Stunde in Kurzporträts:

Ulrich Zwingli

Das Wirken von Ulrich Zwingli (1484-1531) hat das Leben zahlreicher Menschen verändert: Er leitete auf dem Gebiet Zürichs 1519 seine eigene Reformation ein - zwei Jahre nach dem Thesenanschlag in Wittenberg. Zwinglis Almosenordnung von 1525 war eine wichtige sozialpolitische Neuerung: Von nun an waren nicht mehr nur die Kirchen für die Armen- und Krankenfürsorge verantwortlich. Die Stadt Zürich wurde zur Hilfe gegen den grassierenden Hunger verpflichtet. Zwingli und Luther trafen sich 1529 in Marburg. Dort kam es zu einem Streit um die Bedeutung des Abendmahls, der erst mehr als 400 Jahre beendet wurde.

John Knox

John Knox (um 1514-1572) war ein Abenteurer. Er organisierte die Reformation in Schottland. Nach der Beteiligung an einem Aufstand im schottischen St. Andrews verbrachte er mehrere Monate in französischer Gefangenschaft auf einer Galeere. Nachdem die katholische Königin Maria Tudor 1553 den englischen Thron bestieg, flüchtete Knox auf den Kontinent. Er wirkte unter anderem in Genf als Schüler Calvins und als Pastor in Frankfurt am Main. Er galt als Polemiker, aber auch als einfühlsamer Seelsorger. Seine Kampfschrift gegen Frauen in Regierungsämtern machte ihn zum Feind von Königin Elisabeth I. von England, die mit seiner Kritik aber gar nicht gemeint war.

Martin Bucer

Der elsässische Theologe Martin Bucer (1491-1551) gilt als "Erfinder" der Konfirmation, die zuerst in Hessen eingeführt wurde. Es ist heute das wichtigste Familienfest unter Protestanten. Wie Martin Luther war Bucer zunächst Mönch. Nachdem er 1518 mit Luther zusammentraf verließ er seinen Orden, heiratete eine ehemalige Nonne, und wurde zunächst Hofprediger beim Pfälzer Kurfürsten. Danach war er Pfarrer bei Franz von Sickingen in Landstuhl, später im elsässischen Weißenburg, von 1523 an in Straßburg. Bucer ging später nach England, wo er auch starb. Er wurde in der Hauptkirche von Cambridge beigesetzt, wo er als Professor lehrte. 

Guillaume Farel

Der französische Gelehrte Guillaume Farel (1489-1565) war mit dem Zürcher Reformator Zwingli befreundet. In Straßburg wurde er zum Pastor für französischsprachige Flüchtlinge. Er verfasste die erste reformierte Liturgie in französischer Sprache. Er wirkte unter anderem in Bern und in der französischsprachigen Schweiz. Gemeinsam mit Johannes Calvin (1509-1564) organisierte er die Reformation in der Westschweiz. An Farel erinnert das 100 Meter lange Reformationsdenkmal in Genf. Eine der vier Figuren von fünf Metern Höhe zeigen Farel neben Calvin, Knox und Theodore de Bèze, einem weiteren Genfer Reformator französischer Herkunft. 

Thomas Müntzer

An den Theologen und Bauernführer Thomas Müntzer (um 1489 bis 1525), eine der umstrittensten historischen Figuren des 16. Jahrhunderts, erinnert das Monumentalgemälde "Frühbürgerliche Revolution in Deutschland" des Leipziger Malers Werner Tübke (1929-2004) auf dem Schlachtberg bei Bad Frankenhausen in Thüringen. Das Panorama wurde 1989 eingeweiht, also zur Zeit der politischen Wende in Deutschland. Auch Müntzer lebte in einer Zeit des politischen Umbruchs. Müntzer gilt als der große Gegner Luthers. Der Theologe Paul Tillich betont: "Beide Männer haben die Geschichte beeinflusst, und Amerika ist sogar von den Ideen, die Müntzer vertrat, stärker beeinflusst worden als von Luther."

Menno Simons

Ende des 16. Jahrhunderts entstanden die Mennoniten. Die Religionsgemeinschaft ist nach dem niederländisch-friesischen Theologen Menno Simons (um 1496-1561) benannt. Die heutigen Mennoniten sind Nachfahren der Täufer-Bewegung, die auch als "linker Flügel" der Reformation gilt und - auch von anderen Protestanten - grausam verfolgt wurde. Die Täufer setzten sich für radikalere soziale Reformen im Christentum ein, als etwa die Reformatoren Luther und Zwingli. Heute sind die Mennoniten eine der historischen Friedenskirchen, weil sie schon früh gegen jede Form von Krieg und Gewalt ihre Stimme erhoben haben. Den Begriff "Wiedertäufer" weisen die Mennoniten als polemisch zurück. Im 19. Jahrhundert wanderten viele Mennoniten in die USA und nach Kanada aus.