TV-Tipp: "Die Mutter des Mörders" (ZDF)

TV-Tipp: "Die Mutter des Mörders" (ZDF)
14.9., ZDF, 20.15 Uhr: "Die Mutter des Mörders"
Wenn im Krimi der Fall klar ist, fängt die Geschichte normalerweise erst richtig an. Das ist in diesem Drama genauso, und trotzdem ist "Die Mutter des Mörders" anders als andere Filme dieser Art: weil der Mordverdächtige ein geistig behinderter junger Mann ist.

Autor Christian Schnalke schildert die Handlung vorzugsweise aus Sicht der Mutter, die selbstverständlich von der Unschuld ihres Sohnes überzeugt ist. Dabei spricht alles gegen ihn: Mordopfer ist die schöne Nachbarstochter Lea, die entkleidet neben dem Gartenpool liegt. Das Mädchen ist gerade erst von Matis (Lucas Reiber) erschreckt worden: Weil ihm vom Fahrer (Axel Prahl) seines Behindertenbusses ein Floh ins Ohr gesetzt worden ist, hat der Junge geglaubt, er könne die Gunst des Mädchens kaufen. Als seine Geldbörse am Tatort entdeckt wird, steht für den ermittelnden Kommissar (Ernst Stötzner) so gut wie fest, dass er den Mörder hat; erst recht, als Matis dann auch noch gesteht. Seine Mutter, Maria (Natalia Wörner), will das nicht wahr haben. Sie findet raus, dass auch Leas Schwimmtrainer (Rainer Strecker) ein Auge auf das Mädchen geworfen hatte. Der Mann hat vor Jahren seine Anstellung als Lehrer verloren, weil er ein Verhältnis mit einer Schülerin hatte. Nun ist für Maria der Fall klar, zumal sich der Mann in der Untersuchungshaft das Leben nimmt.

Natalia Wörner brilliert

Natürlich liegen die Dinge erneut ganz anders, und leider ahnt man das recht früh, wodurch der Film etwas an Reiz einbüßt. Andererseits kündigt das ZDF "Die Mutter des Mörders" ausdrücklich als Krimidrama an, und tatsächlich lebt die Geschichte vor allem vom Einsatz der von Natalia Wörner sehr glaubwürdig gespielten Mutter. Ohnehin hat Schnalke einige interessante Figuren entworfen. Der Kommissar zum Beispiel ist längst nicht so eindimensional, wie er wirkt, auch wenn er die Warnungen des Psychologen (Sylvester Groth), der Matis’ Geständnis bezweifelt, in den Wind schlägt. Schillerndste und facettenreichste Figur ist jedoch der Busfahrer, den Axel Prahl angemessen vielschichtig verkörpert. Der Mann zeichnet sich durch eine faszinierende Mischung aus Großspurigkeit und Duckmäusertum aus; trotzdem gelingt es Prahl, ihn gerade durch sein Verhalten gegenüber den Behinderten sogar sympathisch wirken zu lassen.

Die Inszenierung Carlo Rolas, der Dutzende Filme mit Iris Berben und für das ZDF diverse aufwändige Mehrteiler gedreht hat ("Die Krupps – Eine deutsche Familie"), ist bildsprachlich nicht weiter auffällig. Deshalb wirkt es auch wie ein etwas übertriebenes Ausrufezeichen, als Rola in einer Szene, in der Maria als Mutter des Mörders erkannt wird, den 1958 erstmals von Alfred Hitchcock eingeführten "Vertigo-Effekt" einsetzt (die Kamera fährt auf eine Person zu und zoomt gleichzeitig von ihr weg). Von diesem Moment abgesehen hat sich Rola offenbar ganz auf die Arbeit mit den Schauspielern konzentriert. Deren Leistungen sind in der Tat ausnahmslos ausgezeichnet. Gerade Lucas Reiber hatte keine leichte Aufgabe. Einerseits ist Matis ein freundlicher, attraktiver junger Mann, andererseits kann er ziemlich ungemütlich werden, wenn die Dinge nicht ihre gewohnte Ordnung haben. Für den Kommissar wiederum ist es völlig irrelevant, ob Matis behindert ist oder nicht; ihm geht es allein um die Wahrheit. Umso interessanter ist sein Verhalten am Schluss, nachdem sich ein dritter Todesfall ereignet hat.