Zurückgetretener Bürgermeister: Tröglitz ist nicht "braun"

Zurückgetretener Bürgermeister: Tröglitz ist nicht "braun"
Der zurückgetretene Ortsbürgermeister Markus Nierth hat Tröglitz in Sachsen-Anhalt gegen den Verdacht einer rechtsextrem eingestellten Bürgerschaft verteidigt.

Tröglitz bei Zeitz sei eine ganz normale Ortschaft und keinesfalls "braun", sagte der zurückgetretene Kommunalpolitiker am Dienstagabend in der ZDF-Sendung "Markus Lanz". Vielmehr habe die rechtsextreme NPD Sorgen und Nöte einzelner Menschen wegen der geplanten Unterbringung von Flüchtlingen in dem Ort "gezielt instrumentalisiert".

Es seien Demonstrationsteilnehmer aus anderen Orten bis hin nach Thüringen "herangekarrt" worden, zum Teil mit Kleinbussen. Durch die Vorgänge sei dem Ort "eine braune Last" hinzugefügt worden. "Das gefällt mir gar nicht", sagte Nierth, der zugleich seine Rücktrittsentscheidung in der Sendung erneut verteidigte. Mit der geplanten Kundgebung der Asylgegner vor seinem Privathaus sei eine Grenze überschritten worden: "Meine Kinder hatten Angst." In dieser Situation habe er vor allem seine Familie, seine Frau und sieben Kinder, schützen wollen.

Nierth warnte zugleich in Folge der Ereignisse vor Schuldzuweisungen unter Demokraten. So gibt es nach seinen Worten keinen Konflikt mit dem Landrat des Burgenlandkreises, den er vielmehr sehr schätze. Beide seien Christen und hätten sich versöhnt, sagte der zurückgetretene Kommunalpolitiker. Nierth machte in der ZDF-Sendung zugleich deutlich, dass er darauf hofft, dass die Mutigen und Widerständigen durch die Vorgänge bestärkt worden sind.

Der Rücktritt Nierths schlägt seit dem Wochenende hohe Wellen. Zahlreiche Bundespolitiker äußerten sich bestürzt, darunter Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) und Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Grund für die Anfeindungen des Ortsbürgermeisters durch Rechtsextreme war offenbar dessen Einsatz für eine Willkommenskultur gegenüber 40 erwarteten Flüchtlingen. Deren Unterbringung war am Montagabend ungeachtet des Rücktritts vom Kreistag in Naumburg beschlossen worden.

Haseloff: Gewählte Politiker müssen Flagge zeigen

Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt stellte sich am Dienstagabend hinter den Plan von Innenminister Holger Stahlknecht (CDU), ehrenamtliche Politiker mit einer Art Bannmeile zu schützen. So solle verhindert werden, dass sie wie in Tröglitz durch Demonstranten unter Druck gesetzt werden, berichtete die in Halle erscheinende "Mitteldeutsche Zeitung" (Mittwochsausgabe). Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) habe betont, dass man in einem gewählten Amt die Verantwortung habe, sich einzumischen und Flagge zu zeigen, sagte ein Regierungssprecher der Zeitung. Für Freitag hat Stahlknecht Verfassungsschutz und Polizei zu einer Arbeitsbesprechung nach Zeitz eingeladen, bei der über mögliche Konsequenzen beraten werden soll.

Die Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane, sagte im Deutschlandfunk, nicht nur Bürgermeister, auch Lokaljournalisten und andere Mitglieder der Zivilgesellschaft würden in Deutschland von Neonazis bedroht. "Aber manchmal braucht es einen solchen Skandal, damit Dinge der Bevölkerung und den Medien bewusst werden." Die Demokratie dürfe in einem solchen Fall nicht zurückweichen, sagte Kahane, deren Stiftung sich gegen Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus engagiert.