Weltgebetstag: "Wir wollen, dass die Menschen die Hoffnung nicht aufgeben"

Junge Mutter nach einem Gottesdienst in Nassau.
Foto: F. Marquardt
Junge Mutter nach einem Gottesdienst in Nassau.
Weltgebetstag: "Wir wollen, dass die Menschen die Hoffnung nicht aufgeben"
AIDS, Brustkrebs, Gewalt gegen Frauen - Annie Thompson kennt auch die Schattenseiten der Bahamas. Die 73-jährige Ordensschwester aus Nassau hat den diesjährigen Weltgebetstag der Frauen maßgeblich mit vorbereitet, unter anderem schrieb sie einen Teil der Lieder. Sie hofft, dass die Frauen auf den über 700 Inseln näher zusammenrücken und die lokalen Projekte, etwa für schwangere Mädchen, mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung bekommen.
06.03.2015
Lisa Schürmann (Weltgebetstag)

Sister Annie, wie sind Sie zum Weltgebetstag gekommen?

Annie Thompson: Eine langjährige Freundin hat mich immer wieder eingeladen. Während meiner Arbeit als Leiterin einer Schule und eines Kinderheims war ich immer zu beschäftigt. Aber die Freundin ließ nicht locker. Als ich in Ruhestand ging, hab ich die Einladung schließlich angenommen. Und ich bin froh, dass ich es getan habe! Ich wusste gar nichts über die Bewegung, und so habe ich erst einmal all das Weltgebetstags-Material gelesen, dass die Frauen mir gegeben haben. Ich habe  jedes Jahr den Gottesdienst mitgefeiert und auch die Treffen besucht. Jetzt bin ich die Verbindungsperson für das Bahamaische Weltgebetstagskomitee.

Was schätzen Sie am Weltgebetstag?

Thompson: Besonders die Ökumene: Der Weltgebetstag bringt mich immer wieder mit den anderen christlichen Konfessionen auf den Bahamas in Berührung - und das sind viele! In der heutigen Zeit erblüht vieles und es entstehen viele neue Kirchen. So bist Du immer wieder mit anderen im Austausch und lernst etwas darüber, wo sie herkommen und über ihren Glauben. Das gefällt mir.

Wie sieht die Weltgebetstagsbewegung auf den Bahamas aus?

Thompson: Ich würde sagen, sie ist nicht so bekannt wie in Deutschland ist. Aber wir scheuen keine Mühe, damit möglichst viele Menschen den Weltgebetstag jetzt kennenlernen.

"Wir wünschen uns, dass es auf allen Inseln Gottesdienste gibt"

Ist das Komitee im ganzen Land aktiv?

Thompson: Der Weltgebetstag spielt sich hauptsächlich in Nassau und Umgebung ab, aber wir versuchen, ihn auch auf den Family Islands bekannter zu machen. Das ist nicht so einfach, da entweder ein Flug oder eine Schiffsüberfahrt notwendig ist. Das ist aufwendig und kostet Geld. Aber wir haben uns in diesem Jahr vorgenommen, die Frauen auf den Family Islands immer wieder zu besuchen. Wir wünschen uns, dass es auf den unterschiedlichen Inseln der Bahamas zahlreiche Gottesdienstfeiern gibt, die am Weltgebetstag miteinander verbunden sind.

Innerhalb des Weltgebetstagskomitees sind Sie auch für die Musik verantwortlich...

Thompson: Gemeinsam mit unserem Musikteam habe ich mehrere Hymnen geschrieben, die im Weltgebetstagsgottesdienst gesungen werden. Für die Produktion unserer CD haben wir dann mit einem ganz bekannten bahamaischen Jugendchor zusammengearbeitet.

Der Weltgebetstag lenkt die Aufmerksamkeit auf soziale Probleme. Welche sind das und wie engagieren Sie sich?

Thompson: AIDS, Brustkrebs, Gewalt gegen Frauen, sexualisierte Gewalt und Teenagerschwangerschaften - das sind momentan die „heißen Eisen“ in unserer Gesellschaft. Wir unterstützen das „Bahamas Crisis Centre“, ein Frauenrechtszentrum,  und auch andere Organisationen - zum Beispiel mit den Kollektengeldern unserer Gottesdienste.

"Viele Mädchen brechen die Schule ab, wenn sie schwanger werden"

Sie und viele andere Weltgebetstagsfrauen sind aber auch direkt in den sozialen Projekten engagiert und arbeiten dort ehrenamtlich mit. Können Sie uns davon etwas berichten?

Thompson: Die Brustkrebsraten auf den Bahamas sind unglaublich hoch, und wir wissen nicht wirklich, woran das genau liegt. Auch die Kosten für Behandlungen sind unglaublich hoch. Wir haben zwei sehr gute Krankenhäuser, einige Frauen fliegen zur Behandlung in die USA. Wir sind vor Ort für die Betroffenen da. Es gibt ehrenamtliche Assistentinnen, die HIV-infizierte Menschen unterstützen -  darunter viele Kinder und Jugendliche. Sie helfen zum Beispiel bei der Schulausbildung oder gehen gemeinsam mit ihnen zum Arzt. Das ist ein Programm der Katholischen Kirche. Unser großer Wunsch ist, dass diese Menschen nicht die Hoffnung aufgeben. Dass sie sich nicht denken „Okay, ich hab AIDS, das war’s dann jetzt.“

Wie steht es um die Hilfe für junge Mädchen?

Thompson: Die extrem hohe Zahl von Teenagerschwangerschaften ist schon lange ein großes Problem auf den Bahamas. Andrea Archer gründete in den 70er Jahren die Organisation PACE. Sie kannte die verzweifelte Lage vieler schwangerer Mädchen und junger Mütter aus ihrer Arbeit als Krankenschwester. Viele junge Mädchen brechen wegen einer Schwangerschaft die Schule ab. Oftmals weil sie sich schämen, weiter in ihre Schule zu gehen. Diesen Mädchen hilft das Programm von PACE seit vielen Jahren. Während sie schwanger sind, erhalten sie die Möglichkeit, weiter unterrichtet zu werden. Nach der Geburt des Kindes unterstützt PACE die Mädchen dabei, ihre Ausbildung an einer regulären Schule ohne Probleme fortzusetzen.

Was wünschen Sie sich für den Weltgebetstag am 6. März?

Thompson: Wir hoffen, dass so viele Gottesdienste wie möglich auf den Bahamas stattfinden. Wir wünschen uns, dass der Weltgebetstag eine stärkere Einheit unter den Frauen hervorruft – auf politischer und auf religiöser Ebene.