Studie: Jüngere Erstklässler erhalten häufiger ADHS-Diagnose als ältere

Foto: Getty Images/iStockphoto/Johan Larson
Studie: Jüngere Erstklässler erhalten häufiger ADHS-Diagnose als ältere
Je jünger Kinder bei ihrer Einschulung sind, desto häufiger wird bei ihnen einer AOK-Studie zufolge ADHS festgestellt.

Wie die Zeitung "Die Welt" am Dienstag berichtete, liegt die ADHS-Häufigkeit bei den jüngsten Kindern eines Schulanfänger-Jahrgangs demnach bei 6,3 Prozent, bei den ältesten Mitschülern dagegen nur bei 5,4 Prozent. Damit haben jüngere Kinder ein höheres Risiko, dass der Kinderarzt bei ihnen ADHS diagnostiziert und womöglich auch Psychopharmaka verschreibt. Dies ist der Zeitung zufolge das Ergebnis einer bislang unveröffentlichten Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts der Krankenkasse AOK zur Verbreitung der Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung.

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Je nach Bundesland und der jeweiligen Stichtagregelung werden zum Teil Kinder eingeschult, die erst fünfeinhalb Jahre alt sind. Der Autor der Studie, Helmut Schröder, zeigte sich alarmiert und warnte vor vorschnellen Diagnosen. "Dabei wird in vielen Fällen der altersgerechte Entwicklungsstand zu wenig berücksichtigt", sagte der stellvertretende Geschäftsführer des AOK-Instituts. Wenn ein Kind im Unterricht dauernd aufstehe, herumlaufe und auf Ermahnungen der Lehrer nicht reagiere, müsse dies nicht ADHS bedeuten, sondern könne auch daran liegen, dass das Kind noch besonders jung im Vergleich zu den Mitschülern ist und lediglich seinem üblichen altersgerechten Spieltrieb folge.

Der AOK-Experte forderte mehr Sorgfalt bei der Entscheidung, ob Kinder zum gesetzlich vorgesehenen Zeitpunkt eingeschult werden oder ob eine Rückstellung um ein Jahr sinnvoll ist. "Ansonsten kann die Gefahr bestehen, dass jüngere Kinder unnötig zu ADHS-Patienten erklärt werden und dann unter anderem auch mit Psychopharmaka behandelt werden." Eltern, Ärzte, Erzieher und Lehrer müssten gemeinsam klären, ob das Kind schulreif sei oder ob es Hinweise auf eine Erkrankung gebe.

Nach der Untersuchung hat sich die ADHS-Häufigkeit bei den rund 3,5 Millionen AOK-versicherten Kindern im Alter zwischen drei und 17 Jahren in sieben Jahren verdoppelt: So erhielten im Jahr 2006 noch 2,3 Prozent der Kinder eine ADHS-Diagnose, im Jahr 2012 waren es dagegen schon 4,6 Prozent. Bei fast jedem zehnten Jungen zwischen neun und elf Jahren wird demnach ADHS diagnostiziert. Etwa 34 Prozent der Grundschüler mit ADHS-Diagnose erhalten der Untersuchung zufolge Psychopharmaka.