Ein Hilferuf aus dem Nordirak

Vertriebene in Duhok, Irak
Foto: CAPNI
Vertriebene in Duhok, Irak
Ein Hilferuf aus dem Nordirak
Den verfolgten Christen und Jesiden im Nordirak könne nur eine internationale Schutzzone helfen, sagen Vertreter verschiedener Kirchen. Dafür hat sich jetzt auch Emanuel Youkhana, Archimandrit der Assyrischen Kirche des Ostens in Beirut und Projektleiter der Hilfsorganisation "Christian Aid Program North Iraq" (CAPNI) mit Nachdruck ausgesprochen.

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"This is a cry for help" – "Dies ist ein Hilferuf", schreibt Youkhana in einer Rundmail aus der irakischen Stadt Dohuk, wo er sich zurzeit aufhält. "Dies ist ein Appell zur Bewahrung einer alten Kultur." Die Minderheiten der Christen und Jesiden im Irak fürchteten, ihre Jahrhunderte alte Lebensweise, ihren Glauben, ihre Existenzgrundlage und ihre ganzes kulturelles Erbe zu verlieren, schreibt Youkhana weiter. Die Menschen hätten sämtliches Vertrauen in die irakische Regierung und in die kurdische Regionalregierung verloren, die sie offenbar nicht schützen könnten. Auch das Vertrauen in muslimische ehemalige Nachbarn sei geschwunden, die sie zum Teil an IS-Terroristen verraten und sich an Plünderungen beteiligt hätten.

"Die Menschen, mit denen ich gesprochen habe, fangen gleich an zu weinen, da sie so sehr von diesen Repressalien traumatisiert sind", berichtete auch Telim Tolan, Vorsitzender des Zentralrats der Jesiden in Deutschland. Vor allem Waisenkindern und Betroffene von Missbrauchsfällen benötigten einen besonderen Schutz und Therapie. Wie Emanuel Youkhana ist Tolan der Ansicht, dass weder die irakische Zentralregierung in Bagdad noch die kurdische Regionalregierung den Verfolgten ausreichenden Schutz vor den IS-Milizen böten.

Archimandrit Emanuel Youkhana

Deswegen sei jetzt die gesamte zivilisierte Welt für sie verantwortlich, schreibt Priester Emanuel Youkhana in seinem Appell. "Die Welt muss den Völkermord und die Vertreibungen stoppen, und das geht nur, indem wir diese Minderheiten in ihrem eigenen Land schützen. Wir glauben, dass das möglich ist, wenn die Welt sich um eine Sicherheitszone bemüht." Dafür hatten sich in Deutschland neben dem Zentralrat der Jesiden bereits die Syrisch-Orthodoxe Kirche, die Evangelische Kirche in Württemberg, der Zentralrat der Orientalischen Christen, der Bundesverband der Aramäer und der Verband der Assyrischen Christen ausgesprochen. Zudem läuft eine Online-Petition mit dem Titel "Schutzzone Jetzt", die sich an Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und die Vereinten Nationen richtet.

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Auch der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm hatte am Montag in einem Interview mit Deutschlandradio Kultur die Einrichtung einer Schutzzone gefordert. Bedford-Strohm war für einige Tage im Nordirak unterwegs, um den Christen dort die Solidarität der bayerischen Landeskirche zu bekunden. Er hat am Sonntag zusammen mit dem syrisch-orthodoxen Erzbischof Nikodemus David Scharaf einen Gottesdienst in einem Flüchtlingslager gefeiert und zuvor schon Christen in Deutschland zum Gebet und zu Spenden für die vertriebenen Menschen im Irak aufgerufen.

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In Gesprächen mit ihnen habe er von traumatischen Fluchterfahrungen gehört, "und deswegen fühlen sie sich eben auch nicht mehr sicher", sagte Bedford-Strohm. Deswegen sei jetzt eine "politische Initiative der Bundesregierung" nötig, die die UN dazu bringe, "hier Sicherheit zu schaffen". Bedford-Strohm denkt dabei an eine "Schutztruppe", die "ein Gebiet hier markiert, wo die Menschen sich wirklich drauf verlassen können, dass nicht wieder ein Angriff kommt und sie wieder fliehen müssen". Solche UN-Schutzzonen waren auch im Bosnienkrieg in den neunziger Jahren gefordert und zum Teil eingerichtet worden, wodurch allerdings das Massaker von Srebrenica 1995 nicht verhindert werden konnte.