Bundesregierung will Waffen in den Irak liefern

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Bundesregierung will Waffen in den Irak liefern
Die Bundesregierung ist grundsätzlich bereit, Waffen in den Nordirak zu schicken - trotz kontroverser Meinungen innerhalb der Koalition. Neuer Streit droht nun über die Frage, ob der Bundestag mitentscheidet.

Die Bundesregierung bereitet Waffenlieferungen in den Irak vor, um die Kurden im Kampf gegen die Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) zu unterstützen. In den kommenden Tagen werde geprüft, welche Lieferungen sinnvoll sein könnten, erklärten Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Mittwoch in Berlin. Oppositionspolitiker, aber auch der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Ralf Stegner sprachen sich gegen die Lieferung von Waffen aus. Unterdessen starteten die UN eine großangelegte Hilfsaktion für die Flüchtlinge im Irak.

Steinmeier und von der Leyen verständigten sich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) über die möglichen Lieferungen. Über konkrete Exporte wird dann wieder das Fünfergremium entscheiden. Der Bundestag werde über die zuständigen Ausschüsse über alle Entscheidungen informiert, sagte Steinmeier. Eine Einbindung des Parlaments, wie sie unter anderem von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) gefordert wurde, ist damit offenbar nicht geplant.

"Weitere Waffen werden den Krieg nur eskalieren lassen"

Jens Flosdorff, Sprecher des Verteidigungsministeriums, sagte, die Prüfung etwaiger Lieferungen könnte etwa eine Woche dauern. Dabei gehe es unter anderem darum, was von der Bundeswehr zur Verfügung gestellt werden könne und was anderen Länder liefern.

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Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, kritisierte, eine Lieferung tödlicher Waffen könne die Regierung nicht ohne Bundestagsmandat beschließen. "Solche Entscheidungen zwischen zwei Übeln sind immer ein Dilemma, das sehen wir", betonte Göring-Eckardt. Gerade deshalb dürfe die Entscheidung aber nicht hinter verschlossenen Türen getroffen werden, forderte sie. Ihre Partei sei gegen einen Export tödlicher Waffen, unterstrich Göring-Eckardt. Auch der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Jan van Aken, warnte: "Weitere Waffen werden den Krieg nur eskalieren lassen."

Die militärische Hilfe ist auch in der Regierungskoalition umstritten. SPD-Vize Stegner warnte vor Waffenlieferungen. Diese könnten dazu führen, dass "mit dem, was man heute liefert, morgen Menschen umgebracht werden", sagte Stegner im Deutschlandfunk. Steinmeier räumte ein, er sehe die Risiken, die mit Waffenlieferungen verbunden seien: "Wir werden deshalb mit großem Augenmaß hinsichtlich Art und Umfang unserer Lieferungen vorgehen." Der Schwerpunkt des deutschen Engagements solle weiter auf der humanitären Hilfe liegen. Seit der vergangenen Woche transportieren Bundeswehrmaschinen bereits Hilfsgüter für Flüchtlinge in das Land.

Luftbrücke von Jordanien in den Irak

Laut einer repräsentativen Umfrage des "Sterns" sind 63 Prozent der Deutschen gegen Waffenlieferungen an die Kurden, nur 30 Prozent befürworten sie. Steinmeier betonte dagegen, das Leid der Flüchtlinge und die gefährliche Situation im Irak dürften den Deutschen nicht gleichgültig sein. Es drohe "ein kriegerischer Flächenbrand im ganzen mittleren Osten", von dem auch Deutschland betroffen wäre. Experteneinschätzungen zufolge verfügen die IS-Kämpfer über modernere Waffen als die kurdischen Peschmerga-Milizen. In der kommenden Woche sollen die Kurden bereits nicht-tödliche Ausrüstung wie Schutzwesten, Helme und Nachtsichtgeräte von der Bundeswehr erhalten.

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Unterdessen hat das Flüchtlingshilfswerk UNHCR mit neuen Hilfslieferungen für rund eine halbe Million Menschen begonnen. Zwischen Jordanien und dem Irak wurde zu diesem Zweck eine Luftbrücke eingerichtet, über die in den nächsten vier Tagen unter anderem Decken und Zelte in das Land gebracht werden sollen. Nach UN-Angaben sind 1,2 Millionen Iraker vor IS auf der Flucht.

Die Diakonie Katastrophenhilfe warnte indes vor einem humanitären Desaster in der von IS belagerten Stadt Amirli, wo bis zu 20.000 Menschen festsitzen. Lebensmittel dort würden knapp. Es müsse ein Flucht-Korridor geschaffen werden, um die mehrheitlich schiitische Stadtbevölkerung zu befreien, forderte der Leiter der Hilfsorganisation, Martin Keßler.