Die Deutschen hüten ihr Geld und spenden weniger

Die Deutschen hüten ihr Geld und spenden weniger
Die Deutschen werden voraussichtlich 2011 viel weniger spenden als noch in den Jahren zuvor, erwarten Experten. Der Grund könnte die Finanzkrise oder die Angst vor einem Arbeitsplatzverlust sein. Einig sind sich Forschungsinstitute darüber nicht. Allerdings könnten bis zu 200 Millionen Euro in den Kassen der Organisation fehlen.

Für 2011 rechnen Experten mit einem merklichen Spendenrückgang. Der noch unveröffentlichte "Spenden-Monitor" des Bielefelder Marktforschungsinstituts TNS Infratest geht laut epd-Informationen von einem "historischen Tiefststand" von nur noch 35 Prozent bei der Spenderquote aus. Auch die Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), die jedes Jahr für den Deutschen Spendenrat die "Bilanz des Helfens" erstellt, registrierte für die Zeit bis Oktober einen Spendenrückgang im leichten zweistelligen Bereich.

Das Berliner Deutsche Institut für soziale Fragen (DZI) hingegen rechnet nach ihrer am Montag veröffentlichten Bilanz nur mit einem eher leichten Rückgang von bis zu zwei Prozent abzüglich des Spendenaufkommens für die beiden großen humanitären Katastrophen von 2010. Werden die damaligen Spenden für die Erdbeben-Opfer auf Haiti und die Flutopfer in Pakistan mit eingerechnet, beliefe sich das diesjährige Minus bei den 30 größten mit dem DZI-Siegel ausgezeichneten Organisationen auf fast 19 Prozent, erklärte DZI-Geschäftsführer Burkhard Wilke.

Während das DZI den Rückgang auf die Verunsicherung der Bürger durch die Euro- und Schuldenkrise der Staaten zurückführt und TNS Infratest von einer "gestiegenen Angst vor Arbeitsplatzverlust" spricht, sieht die GfK hier keinen Zusammenhang. Wenn es so wäre, müsste das Spendenergebnis für 2011 auch unter dem von 2009 liegen, was nicht der Fall sei, sagte die zuständige GfK-Managerin Gertrud Bohrer dem epd.

2011 gibt es vermutlich einen Spendenrückgang 200 Millionen Euro

2009 gilt bei den Experten als durchschnittliches Spendenjahr ohne größere humanitäre Katastrophen. Die Bundesbürger seien noch "relativ angstfrei", was den etwaigen Verlust ihres Arbeitsplatzes anbetrifft, fügte Bohrer hinzu. Zudem führe ihr erschüttertes Vertrauen zu Banken dazu, dass sie das Geld lieber ausgeben. Für das gesamte Jahr und auf alle Organisationen bezogen ist laut DZI mit einem Rückgang des Spendenvolumens um 200 Millionen Euro auf 5,9 Milliarden Euro zu rechnen. Allerdings gingen die meisten Spenden erst im Dezember ein. Im Vergleich zu 2000 habe das Spendenvolumen um fast 46 Prozent zugenommen, das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte aber nur um rund 21 Prozent.

TNS-Infratest-Projektleiter Jan Borcherding verwies allerdings darauf, dass der Trend zu Großspenden geht: "Die kleinen Spender fallen weg", sagte er dem epd. Das schlage sich in der Spenderquote nieder. Diese bewegte sich in den vergangenen Jahren meist über 40 Prozent. Im Elbeflut-Jahr 2002 leisteten sogar 47 von 100 Bürgern Spenden. In den zwölf Monaten nach dem Tsunami in Südasien Ende 2004 seien es sogar 50 von 100 gewesen. Das Bielefelder Institut will am Donnerstag zum 15. Mal seinen "Deutschen Spenden-Monitor" präsentieren.

Für die Opfer des Erdbebens und der Atomkatastrophe im März dieses Jahres kamen nach Angaben des DZI bislang insgesamt 72 Millionen Euro zusammen. Zur Linderung der immer noch andauernden Hungerkatastrophe in Ostafrika seien 170 Millionen Euro eingegangen. Demgegenüber beliefen sich die Spenden für die Opfer des Erdbebens in Haiti im Januar 2010 auf 230 Millionen Euro, für die der Flutkatastrophe in Pakistan wenige Monate später seien es 200 Millionen Euro gewesen. 

epd