Organisationen: Rechtsextreme Gefahr nicht herunterspielen

Organisationen: Rechtsextreme Gefahr nicht herunterspielen
Unkultur des Wegsehens und der Gleichgültigkeit: Zivilgesellschaftliche Gruppen haben erneut vor der Verharmlosung und Tolerierung rechtsextremer Gewalt gewarnt.

"Rassistisch motivierte Gewalt darf nicht heruntergespielt, sondern muss konsequent erfasst werden", forderte der Vorstandsvorsitzende der NS-Zwangsarbeiter-Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft", Martin Salm, am Montag in Berlin. An die Behörden appellierte er, Hinweise von Nichtregierungsorganisationen und Initiativen zu entsprechender Hasskriminalität aufzunehmen und bei der Erfassung von Straftaten immer auch die ideologische Motivation zu dokumentieren.

"Gesicht zeigen!" wirft Teilen der Politik "Verniedlichung" vor

Der Vorsitzende des Vereins "Gesicht zeigen! - Für ein weltoffenes Deutschland", Uwe-Karsten Heye, warf Teilen der Politik eine "Verniedlichung" der rechtsextremistischen Gefahr vor. Nicht nur in ländlichen Regionen Ostdeutschlands gebe es oftmals schon homogene rechtsextreme Strukturen, sagte Heye der "Berliner Zeitung" (Montagsausgabe). Der Verein geht von 140 Mordopfern rechter Gewalt seit 1990 aus.

"Wenn ich die jetzige Debatte verfolge, dann war bis zur Entdeckung dieses Trios in Zwickau die Bedrohung von rechts in den Köpfen vieler Politiker überhaupt nicht präsent", sagte Heye. Mit Blick auf inzwischen bekannt gewordene Ermittlungspannen bei Sicherheitsbehörden sagte der SPD-Politiker, "nach allem, was man aus der Geschichte des Verfassungsschutzes weiß, haben die nach rechts immer einen eher vernebelten Blick gehabt, aber einen sehr scharfen auf alles, was sich links von der Mitte bewegt".

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche erklärte, rechtsextremistische Bedrohung und rassistische Grundstimmung in der Gesellschaft seien "nicht wirklich neu und überraschend". "In unserer jahrzehntelangen Arbeit mit Flüchtlingen und Migranten sind wir des Öfteren auf diesen Rassismus gestoßen", hieß es.

Die Unkultur des Wegsehens und der Gleichgültigkeit, das bewusste Herunterspielen der Gefährlichkeit des Rassismus rechtsextremer Gruppierungen hätten weite Teile der Gesellschaft und offenbar auch die Ermittlungsbehörden erfasst. Eine Gesellschaft, bei der Ausländerfeindlichkeit und Islamophobie bis in ihre Mitte vorgedrungen seien, werde blind gegenüber denen, die dieses Gedankengut in blutige Taten umsetzen, warnte die kirchliche Initiative.

Stiftung plädiert für "Hate Crime"-Konzept

Salm von der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" rief die deutschen Behörden auf, bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus das "Hate Crime" (Hasskriminalität)-Konzept anzuwenden. Mit seinem Monitoring von Übergriffen biete es ein internationales Instrument, das zielgruppen- und länderübergreifend bei Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Homo- und Transphobie sowie Feindlichkeit gegenüber sozial Schwachen in der Gesellschaft alarmiert.

Zu "Hate Crimes" zählten verbale Anfeindungen oder diskriminierenden Graffiti ebenso wie tätliche Angriffe auf Personen bis hin zum ideologisch motivierten Mord.

epd