Warum eine Synode nicht immer Schlagzeilen braucht

Warum eine Synode nicht immer Schlagzeilen braucht
Ob Print, Rundfunk oder Internet: Von den Medien hängt es ab, wie stark die Öffentlichkeit die Synodentagung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) wahrnimmt. Was sind die wichtigsten Themen bei den Magdeburger Beratungen, welche Entwicklungen zeichnen sich ab, wer findet die besten Schlagzeilen? Und wie kam der Bericht von EKD-Ratschef Nikolaus Schneider an? Eine Umfrage unter Kollegen.
06.11.2011
Von Bernd Buchner

Noch während Präses Schneider am Rednerpult steht und spricht, klappern die Computer der Journalisten, erste Zitate und Einschätzungen werden in die Tasten geschlagen. Der oberste EKD-Vertreter spricht unter dem Leitwort "Ein Haus aus lebendigen Steinen" über den kirchlichen Reformprozess, den zurückliegenden Papstbesuch, das anstehende Reformationsjubiläum, über Mindestlohn, Gorleben, Arbeitsrecht und vieles mehr. Fast eine Stunde dauern Schneiders Ausführungen, für die er langen und herzlichen Beifall erhält.

Die Reaktionen der Medienvertreter sind unterschiedlich. Als "etwas glanzlos" bezeichnet ein Agenturjournalist, der nicht namentlich genannt werden will, den Auftritt Schneiders. Er zieht einen Vergleich zu dessen Vorvorgänger Wolfgang Huber: Der habe im schriftlichen Bericht alle Sachthemen abgehandelt und dann eine "präsidiale Rede" mit klarer politischer Stoßrichtung gehalten. Das sei beim aktuellen Ratschef anders, sein Bericht sei eher nach innen gerichtet gewesen. "Nach außen fehlte etwas die Botschaft."

Eigene politische Anliegen angesprochen

Positiv überrascht war dagegen HR-Radiokorrespondent Lothar Bauerochse von den Ausführungen des EKD-Ratsvorsitzenden. Zum Papstbesuch etwa habe er eine erwartbare Bilanz gezogen. "Die Akzente, die er gesetzt hat, waren angemessen." Zudem habe Schneider seine eigenen politischen Anliegen nach vorne gebracht, so der Mann vom Hessischen Rundfunk. So verlangte der Präses, der vor kurzem zu Besuch in Gorleben war, von der Bundesregierung eine baldige Antwort auf die Frage, wo der hochradioaktive Atommüll aus den Kernkraftwerken endgelagert werden soll.

Als "politisch sehr zurückhaltend" bewertete K. Rüdiger Durth den Ratsbericht und begrüßt diese Tendenz. "Ich habe den Eindruck, dass die Kirche auf dem Weg ist, wieder zu sich selbst zu finden", sagt der Zeitungsmann, der seit 30 Jahren über die EKD-Synoden berichtet und unter anderem für den Bonner "General-Anzeiger" schreibt. Die Kirche habe verstanden, dass sie mehr sein müsse als eine Sozialorganisation – und nur dann eine Chance habe, wenn sie Antworten auf die existenziellen Fragen der Menschen habe.

Was erwarten die Medienvertreter generell von der diesjährigen Synodentagung? Mit dem Thema Mission sei klar, dass sich das Kirchenparlament nicht groß nach außen richte, sagt der Mann von der Nachrichtenagentur, ein langjähriger Beobachter kirchlicher Entwicklungen. Auch Bauerochse hat seine Zweifel, ob die Synode ein Gremium ist, "in dem man so ein Thema inspirierend besprechen kann". Vergangene Tagungen des Parlaments habe er eher als "uninspiriert" erlebt, so der Hörfunkjournalist.

Mission als "Thema mit Langzeitwirkung"

Durth hingegen sieht in der Mission ein "Thema mit Langzeitwirkung", das nie ganz von der kirchlichen Tagesordnung verschwunden sei. Gemeint ist vor allen Dingen die Frage, wie in einer Zeit zunehmender Glaubensferne christliche Positionen wieder mehr zu den Menschen gebracht werden können. Wenn es der Synode gelinge, sagt der Zeitungsmann, "deutlich zu machen, was Mission heute heißt und wie sie sich in die Gesellschaft übersetzen lässt", habe sich das Treffen mehr als gelohnt.

Ein griffigeres Thema ist der Konflikt um das kirchliche Arbeitsrecht, der bei der Synodentagung eine zentrale Rolle spielt. In den Medien sei das "gut darstellbar", meint Bauerochse. Vehement verteidigt die EKD den sogenannten Dritten Weg, der Mitarbeitern Streiks verbietet und bei Tarifgesprächen auf Konsens setzt. Einige kirchliche Arbeitgeber nutzen das zum Nachteil ihrer Beschäftigten aus. Die Kirche sei in einer Zwickmühle, so der HR-Mann – und habe gleichzeitig die Chance, durch ein faires Arbeitsrecht mit gutem Beispiel voranzugehen.

Welche Schlagzeile aber bietet sich für den ersten Synodentag an? Aus Sicht von K. Rüdiger Durth ist die Frage falsch gestellt. Die Tagung sei überhaupt nicht geeignet, große Schlagzeilen zu produzieren. Das wiederum liegt nicht nur daran, dass die Zeiten, in denen ein Medienstar wie Margot Käßmann an der EKD-Spitze stand, vorbei sind. Wer von den Journalisten, meint Durth, hinterher sage, es sei langweilig gewesen, "hat wenig von der Funktionsweise eines Kirchenparlaments verstanden".


Bernd Buchner ist Redakteur bei evangelisch.de und zuständig für das Ressort Kirche + Religion.