Mehr rechte und linke Extremisten in Deutschland

Mehr rechte und linke Extremisten in Deutschland
Der Verfassungsschutz befürchtet mehr Gewalt durch Links- und Rechtsextremisten. Die steigende Zahl gewaltbereiter Aktivisten auf beiden Seiten sei eine sehr besorgniserregende Entwicklung, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, am Freitag in Berlin bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2010. Der Verfassungsschutz habe seine Beobachtung links- und rechtsextremistischer Gruppierungen daher verstärkt.

Die Zahl gewaltbereiter Linksextremisten, besonders der Autonomen, stieg im vergangenen Jahr von 6.600 auf 6.800. Bei den Rechtsextremisten wurde dieses Potenzial auf 9.500 Personen geschätzt. 2009 waren es 9.000 gewaltbereite Rechtsextremisten.

In den ersten fünf Monaten dieses Jahres seien mehr linksextremistische Straftaten verübt worden als im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres und des Rekordjahres 2009, ergänzte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). "Strafbares Verhalten darf nie Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele sein", sagte der Minister. Links- und Rechtsextremisten stünden in ihrer menschenverachtenden Vorgehensweise einander in nichts nach. Vor allem Polizisten würden zunehmend Opfer extremistischer Gewalt.

"Den Skinheads ist der Nachwuchs ausgegangen"

Insgesamt stellte der Verfassungsschutz bei den Rechtsextremisten einen leichten Rückgang der Aktivisten auf 25.000 Personen fest. Rückläufig war 2010 auch die Zahl der NPD-Mitglieder. Zugleich registrierte der Verfassungsschutz strukturelle Veränderungen in der rechtsextremistischen Szene. Die subkulturell geprägte Skinhead-Szene werde für Jüngere zunehmend uninteressant, sagte Fromm. "Den Skinheads ist der Nachwuchs ausgegangen."

Zulauf erhalten hingegen die aktionsorientierten neonazistischen "Autonomen Nationalisten", die Kleidungsstil und Aktionsformen der linksextremistischen Autonomen übernommen haben. Vor allem beim Aufeinandertreffen mit Linksextremisten gehe von ihnen ein hohes Aggressionspotenzial aus, sagte Fromm. Die Gruppen seien wenig strukturiert, aber in der Lage, Gewalttaten zu planen.

Nach den Worten Friedrichs bleibt auch der Islamismus eine erhebliche Bedrohung in Deutschland - trotz des Todes von Al-Kaida- Chef Osama bin Laden. Besonders aufmerksam verfolgt der Verfassungsschutz bundesweit die Aktivitäten der sogenannten Salafisten, die vor allem im Internet Mitglieder und Anhänger rekrutierten.

Auch die Linkspartei wird beobachtet

Auch der Frankfurter Attentäter von Anfang März hatte im Internet Kontakte zu Salafisten. Der junge Mann schoss auf US-Soldaten und verletzte zwei davon tödlich. Bundesweit geht der Verfassungsschutz von 37.470 Islamisten aus, im Vergleich zu etwa 36.270 im Jahr 2009.

Der Verfassungsschutz beobachtet nach wie vor extremistische Strömungen in der Linkspartei. Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm sagte, man verfolge auch die Debatte zum Thema Antisemitismus. Die Linke wird seit Wochen mit Antisemitismus-Vorwürfen konfrontiert.

Wenn es Stimmen in der Partei gebe, die das Existenzrecht des Staates Israel infrage stellten, könne dies gegen den Gedanken der Völkerverständigung verstoßen und somit verfassungsschutzrelevant sein, sagte Fromm. Die Frage sei aber, ob dies der Gesamtpartei zuzurechnen sei. Der Präsident verwies darauf, dass die Partei bemüht sei, antisemitischen Bestrebungen entgegen zu wirken.

epd/dpa