EU und Religionen wollen mehr Demokratie in Nordafrika

EU und Religionen wollen mehr Demokratie in Nordafrika
Die EU-Institutionen und europäische Vertreter des Christentums, des Islam, des Judentums und des Buddhismus wollen sich gemeinsam für die Demokratie in Nordafrika engagieren. Die Spitzenrepräsentanten bekannten sich zugleich zu wechselseitiger Toleranz und zur Freiheit religiöser Minderheiten. "Angesichts der Veränderungen, die wir erleben, ist die Religionsfreiheit wichtiger denn je", sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Montag in Brüssel nach dem Treffen mit 20 religiösen Führern.

Angesichts der historischen Umwälzungen in der Region sei der Einsatz für die Glaubensfreiheit und andere demokratische Werte besonders wichtig, erklärten die Teilnehmer eines Spitzentreffens am Montag in Brüssel. "Werte können ohne spirituelle, religiöse oder ethische Inspiration nicht überleben", sagte der EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy.

"Jeder Religion wohnt eine Kraft inne, die Gesellschaften zum Besseren verändern kann", unterstrich der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider. Er würdigte die Friedensbemühungen vieler Imame bei den Freitagsgebeten während der Revolutionen in Ägypten und Tunesien. Nötig seien nun mehr Unterstützung für die Zivilgesellschaft, faire Wirtschaftsabkommen zwischen Europa und Afrika sowie ein besserer Schutz für afrikanische Flüchtlinge, sagte er.

Christen und Muslime schützen sich gegenseitig

Der Großmufti von Bosnien-Herzegowina, Mustafa Ceric, versprach ebenfalls seinen Einsatz für die Religionsfreiheit und Minderheitenrechte in Nordafrika. Es sei beeindruckend gewesen, wie Christen und Muslime sich auf dem Kairoer Tahrir-Platz gegenseitig beim Beten geschützt hätten, berichtete er. Der Oberrabbiner von Moskau, Pinchas Goldschmidt, sagte: "Ich hoffe auf den Einfluss europäischer muslimischer Religionsführer in Afrika."

Zu dem Treffen waren rund 20 hohe geistliche Würdenträger angereist. Die EU-Spitze kommt traditionell einmal jährlich mit Vertretern wichtiger Religionsgemeinschaften zusammen, um über drängende politische Themen zu beraten. Seit der EU-Vertrag von Lissabon 2009 in Kraft trat, hat sich die Zusammenarbeit noch intensiviert: In dem Vertragswerk ist ein regelmäßiger Dialog festgeschrieben.

Mit Blick auf die Herausforderungen im afrikanischen Raum sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. "Ich bin der festen Überzeugung, dass wir sie nicht ohne die aktive Mitwirkung der Religionsgemeinschaften bewältigen können." Gerade in Bereichen wie Bildung, Gesundheitswesen und sozialer Wiederaufbau müsse die EU in Konfliktgebieten mit den Glaubensgemeinschaften vor Ort zusammenarbeiten, unterstrich EU-Parlamentspräsident Jerzy Buzek.

Jüdisch-islamische Erklärung

Als katholischer Vertreter sagte der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx: "Eine Demokratie kann nur funktionieren, wenn sie die Religionsfreiheit respektiert." Dabei gehe es nicht darum, nur Religionsfreiheit zu gewähren: Die Demokratie müsse sich bewusst sein, dass sie ohne Religionsfreiheit gar keine Demokratie sei, unterstrich Marx, der auch Vize-Vorsitzender der katholischen EU-Bischofskonferenz ist.

Jüdische und muslimische Religionsführer veröffentlichten am Rande des Treffens eine gemeinsame Erklärung. "Als Juden, Muslime und als Europäer sind wir zutiefst besorgt über zunehmende Anzeichen von Islamfeindlichkeit und Antisemitismus in Ländern in ganz Europa", heißt es darin. "Wir sind beunruhigt über das Anwachsen rassistischer und fremdenfeindlicher Bewegungen." Angesichts dieser "wachsenden Bedrohung" hätten sie beschlossen, zusammenzuarbeiten, um "Versuchen, unsere Gemeinschaften entweder zu dämonisieren oder zu marginalisieren, entgegenzutreten". Die arabische Revolution beweise, "dass es keinen Widerspruch zwischen dem Islam und der Demokratie gibt", sagte Van Rompuy. "Dieser Geist der Offenheit muss auch nach der Revolution aufrechterhalten bleiben."

epd/dpa