Ein unglaublicher Auftrag: Auferstehung predigen

Ein unglaublicher Auftrag: Auferstehung predigen
Wie kann man im 21. Jahrhundert aufrichtig von Auferstehung sprechen? Im Zeitalter von Aufklärung und Wissenschaftsgläubigkeit? Wer will da ernsthaft behaupten, ein Toter sei wieder lebendig geworden? Auf Pfarrerinnen und Pfarrern kommt an Ostern eine Herausforderung zu - jedoch keine unlösbare Aufgabe.

Wie schön muss das gewesen sein, als die Menschen noch im Mittelalter lebten, nichts von den Aufklärungen der Wissenschaft wussten und Wunder zum Alltag gehörten. Zu diesen Zeiten muss es entspannt gewesen sein, ihnen etwas über die Auferstehung zu erzählen. Über Tote, die auf einmal wieder lebendig sind. So etwas kam in den Geschichten der Menschen schließlich immer wieder vor. Glauben an das Göttliche, so scheint es, muss damals leichter gewesen sein.

Wer glaubt an die Auferstehung von den Toten?

Wir heutigen Menschen haben es dagegen schwer. Mit Wundern allzumal, mit dem alles überragenden Miraculum der Auferstehung erst recht. Mal ehrlich, wer glaubt schon noch an die Auferstehung von den Toten? Das Monatsmagazin chrismon hat diese Frage gestellt (Ausgabe 3/2004). Heraus kam: Lediglich ein Fünftel der Deutschen glaubt, dass Jesus leibhaftig auferstanden sei. Dagegen können sich 32 Prozent der Aussage anschließen, es habe eine Auferstehung "in den Herzen" gegeben, 16 Prozent sind der Meinung, nur seine Seele lebe weiter. Der Rest ist überzeugt, Jesus sei entweder tot oder habe nie gelebt.

Wie also kann man als Pfarrerin heute an Ostern die Botschaft vom Auferstandenen verkündigen? Wie kann man als Pfarrer glaubhaft vom Leben nach dem Tod reden? Was darf man redlich behaupten, dass bei der Auferstehung Jesu genau passiert sei? Wer sich mit einem Griff ins Bücherregal an der Heiligen Schrift festhalten will, wird überrascht: Selbst die Evangelien schweigen sich aus über den genauen Ablauf der Auferstehung.

Und so sind wir aufs Mutmaßen angewiesen: Haben sich die Wunden des am Kreuz Geschundenen mirakulös von selbst geschlossen? Fing das schweigende Herz nach drei Tagen auf einmal wieder an zu schlagen? Belebte die Sehnen und Muskeln des Toten ganz plötzlich neue Kraft? Oder – und darauf könnte das Schweigen der biblischen Berichte am Ende ein Hinweis sein – ist das alles im Grunde gar nicht so wichtig?

Filmreife Szenen aus der Nacht der Auferstehung

Nur im Umfeld des Neuen Testamentes gibt es Texte, deren Autoren sehr genau zu wissen scheinen, was bei der Auferstehung passiert ist. Im so genannten Petrus-Evangelium (einem Bericht über Jesu Leben, Sterben und Auferstehen, der nicht in die Bibel aufgenommen wurde) heißt es etwa: "In der Nacht aber, in welcher der Herrentag aufleuchtete, als die Soldaten, jede Ablösung zu zweit, Wache standen, erscholl eine laute Stimme am Himmel, und sie sahen die Himmel geöffnet und zwei Männer in einem großen Lichtglanz von dort herniedersteigen und sich dem Grabe nähern. Jener Stein, der vor den Eingang des Grabes gelegt war, geriet von selbst ins Rollen und wich zur Seite, und das Grab öffnete sich, und beide Jünglinge traten ein."

Weiter heißt es in dieser erstaunlich präzisen, geradezu filmreifen Szene: "Als nun jene Soldaten dies sahen, weckten sie den Hauptmann und die Ältesten – auch diese waren nämlich bei der Wache zugegen. – Und während sie erzählten, was sie gesehen hatten, sehen sie wiederum drei Männer aus dem Grabe herauskommen und die zwei den einen stützen und ein Kreuz ihnen folgen und das Haupt der zwei bis zum Himmel reichen, dasjenige des von ihnen an der Hand geführten aber die Himmel überragen. Und sie hörten eine Stimme aus den Himmeln rufen: 'Du hast den Entschlafenen gepredigt', und es wurde vom Kreuze her die Antwort laut: 'Ja'."

Neues Leben auf dem Acker

Ein sprechendes Kreuz? Kein Wunder, dass dieser Text von der frühen Christenheit nicht als Teil der Bibel akzeptiert wurde. Es könnte eine bewusste Entscheidung gewesen sein: Wie genau die Auferstehung abgelaufen ist, das wissen wir nicht und brauchen es auch nicht zu wissen. Geschwiegen haben die Autoren der Bibel dennoch nicht. Im Gegenteil. Sie haben das, was Auferstehung für sie bedeutete, in starke Erzählungen verpackt.

So wird im Johannes-Evangelium der Vergleich gezogen zu einem Weizenkorn, das in die Erde gesät wird (Joh 12,24). Der Bauer legt es in den Acker wie einen toten Leib ins Grab, so die Parallele. Was genau nun passiert, kann er schwer sagen. Aber er stellt fest: Im nächsten Jahr ist das Weizenkorn verschwunden. Es wurde verwandelt in ein neues Leben, eine neue Pflanze mit Halm und Früchten. So will der Autor auch die Auferstehung Jesu verstanden wissen. Er weiß nicht, was da exakt passiert ist. Aber er glaubt: Der tote Leib ist verschwunden und zu neuem Leben verwandelt.

Verwandlung des Lebens schon vor dem Tod

Noch greifbarer macht es der Evangelist Lukas, der von zwei Jüngern auf dem Weg nach Emmaus erzählt (Lk 24). Nach dem Tod Jesu tun sie, was am nächsten liegt: Sie laufen weg und fliehen aus Jerusalem. Verängstigt und verstört laufen sie schweigend nebeneinander her. Da begegnet ihnen einer, der mit ihnen geht, ihnen wieder Worte schenkt und das Brot mit ihnen bricht. Aus zwei einsamen und ängstlichen Jüngern wird plötzlich eine mutige Gemeinschaft, die wieder nach vorne blicken kann. Sie gehen zurück nach Jerusalem und stehen für ihren Glauben ein.

Die Pointe dieser Geschichte ist klar: Als er lebte, hat Jesus den Ängstlichen Mut gemacht, er hat den Sprachlosen eine Stimme verliehen, und wo er war, ist aus Vereinzelten eine Gemeinschaft geworden. Wenn das gegen alle Erwartungen auch nach seinem Tod passiert, dann kann das doch nur bedeuten, dass… Oder?

Die Entscheidung liegt beim Leser

Das Sympathische an den Erzählungen in der Bibel ist, dass sie dem Leser die Entscheidung oft selbst überlassen. Ist da etwas dran an diesem Jesus, der tot war und wieder lebendig zu sein scheint? Die Autoren wissen: Mit dem Kopf allein kann man keinen überzeugen. Nur wer selbst erlebt, wie sich ein Leben an der Seite Jesu verändern kann, bekommt einen Glauben geschenkt, der in allen Krisen trägt.

Ostern mit der "unglaublichen" Behauptung der Auferstehung ist jeden Tag. Jeden Tag nämlich stehen Predigerinnen und Prediger auf den Friedhöfen und müssen Rechenschaft ablegen für ihre Überzeugung, dass das Leben mit dem Tod nicht endet, sondern sich in neues Leben verwandelt. Wer da anfängt und naturwissenschaftlich erklären will, wie Tote wieder lebendig werden, macht sich schnell zum Gespött.

Die Wahrheit beweist sich selbst

Wer aber den Weg der biblischen Autoren einschlägt, wird Geschichten erzählen vom Leben, das wider allen Anschein neu ersteht. Geschichten, die jeder erleben kann. Geschichten, die denjenigen tragen können, der sie in einer Krise hört und glaubt. Werden sie ihn tragen?

Wenn nicht, wird die Geschichte schnell vergessen sein. Erzählt man sie sich aber über Jahrhunderte, Jahrtausende hinweg immer wieder neu, weil Menschen zu allen Zeiten spüren, dass in ihnen eine tiefe und tragende Wahrheit steckt, dann ist schon dadurch der Beweis erbracht: Es ist etwas dran an Ostern. Oder, wie es in den christlichen Gottesdiensten in der Osternacht heißt: "Er ist wahrhaftig auferstanden!"