Fukushima: Roboter überprüfen die Verstrahlung im Reaktor

Fukushima: Roboter überprüfen die Verstrahlung im Reaktor
Die Lage an der Atomruine von Fukushima bleibt instabil und lebensgefährlich. Ferngesteuerte Roboter messen Strahlung, Temperatur und Sauerstoffkonzentration in den Reaktoren. Frühestens in sechs Monaten sollen die Reaktoren dort stabilisiert sein.

Japan stellt sich auf einen langen Kampf gegen die Atomkatastrophe von Fukushima ein. Der AKW-BetreiberTepco will die Reaktoren erst in etwa sechs bis neun Monaten stabilisiert haben. Das sehe die "momentane" Planung vor, sagte Tepco-Topmanager Tsunehisa Katsumata am Sonntag in Tokio. Drei Monate wird es demnach allein dauern, die Kühlung der Reaktoren und Abklingbecken sicherzustellen.

Fünf Wochen nach Beginn der Katastrophe gibt es aber immerhin Fortschritte bei der Wiederbelebung der regionalen Wirtschaft. Zudem sicherte US-Außenministerin Hillary Clinton den Japanern die weitere Unterstützung Washingtons zu.

Regierungschef Naoto Kan hatte den Atombetreiber Tepco dazu verpflichtet, der Öffentlichkeit einen klaren Fahrplan für die Bewältigung der Katastrophe vorzulegen. Die beschädigten Reaktorgebäude sollen demnach in sechs bis neun Monaten abgedeckt werden. Die Regierung wolle dann auch mitteilen, ob ein Teil der Bevölkerung wieder in seine Wohnorte zurückkehren könne, sagte Wirtschaftsminister Banri Kaeida. Noch immer hausen Zehntausende Menschen in Notunterkünften.

Ferngesteuerte Roboter messen Strahlung

Tepco setzt inzwischen ferngesteuerte Roboter ein, um Strahlung, Temperatur und Sauerstoffkonzentration in den Reaktoren zu messen. Tepco will so sicherstellen, dass Arbeiter das Reaktorgebäude betreten können. Der Konzern erwägt nach Informationen der Agentur Kyodo zudem den Einsatz externer Kühlmaschinen, um die Temperatur der Reaktoren zu senken. Diese arbeiteten mit Wärmeaustauschern und Umwälzpumpen. Damit könne Wasser aus den Reaktoren abgepumpt, mit Meerwasser gekühlt und in die Reaktoren zurückgepumpt werden. Der Jahrhundert-Tsunami hatte die regulären Kühlsysteme zerstört.

Seither pumpt Tepco Millionen Liter Wasser in die Reaktoren sowie Abklingbecken, um sie zu kühlen. Das hat jedoch dazu geführt, dass nun gewaltige Massen verstrahlten Wassers in der Anlage sind. Diese behindern die Versuche, die Kühlsysteme in dem AKW wieder in Gang zu bringen. Die Arbeiter versuchen zudem mit dem Mineral Zeolith, ins Meer geflossenes radioaktives Material zu absorbieren. Dazu deponierten sie je 100 Kilogramm schwere Säcke mit Zeolith bei den Ansaugrohren im Meer. Unerwünschte Ionen wie das radioaktive Cäsium-137 sollen so entzogen und im Zeolith gebunden werden.

Der Atomexperte Michael Sailer vom Darmstädter Öko-Instituts hegt noch Zweifel an der geplanten Stabilisierung der Reaktoren binnen sechs bis neun Monaten. "Wenn nichts Weiteres passiert, kann man in der Zeit wohl irgendwelche Kühlkreisläufe wieder funktionsfähig hinstellen", sagte Sailer der Nachrichtenagentur dpa. "Aber man kann nicht eine Garantie geben in dem Sinne, wir haben in sechs oder neun Monaten einen stabilen Zustand." Dafür gebe es zu viele Risiken.

Greenpeace warnt vor weltweiter Strahlenbelastung

Die Umweltorganisation Greenpeace hat vor einer weltweit steigenden Strahlenbelastung als Folge der Atomkatastrophe von Fukushima gewarnt. Der Plan des Kraftwerkbetreibers Tepco zur Bekämpfung des Unfalls in den kommenden neun Monaten beruhe auf unbekannten Grundlagen, erklärte der Greenpeace-Experte Christoph von Lieven. "Was Tepco hier sagt, ist einfach unseriös", sagte von Lieven der Nachrichtenagentur dpa. "Das einzige, was im Moment klar ist, ist, dass weiter Radioaktivität austritt."

"Wir sind uns nicht sicher, ob wir damit nicht noch Jahre zu tun haben. Und das ist ein weltweites Problem. Wir werden weltweit eine erhöhte Strahlenbelastung haben", sagte der Umweltschützer. Die sogenannte Hintergrundstrahlung werde weltweit weiter steigen. Auch manche Lebensmittel seien belastet. Das Ausmaß dieser Entwicklung sei noch nicht abzuschätzen, fügte von Lieven hinzu.

Dem Stromkonzern Tepco warf der Greenpeace-Fachmann vor, mit der Lage nicht zurande zu kommen. Die radioaktive Strahlung sei trotz der ergriffenen Maßnahmen weiter aus der Atomruine ausgetreten. "Die Evakuierungszone muss jetzt ausgeweitet werden, und zwar wirklich dringend", forderte von Lieven. Dann sollten unabhängige Fachleute nach einer Lösung suchen. "Und das Ganze muss Tepco und der japanischen Regierung, die offensichtlich unfähig sind, das Problem zu lösen, aus der Hand genommen werden von der internationalen Gemeinschaft", meinte der Greenpeace-Mann.

USA verspricht "standhafte Unterstützung"

US-Außenministerin Hillary Clinton versprach Japan nach einem Treffen mit ihrem Amtskollegen Takeaki Matsumoto in Tokio am Sonntag die "standhafte Unterstützung" der USA. Japan mache eine "multidimensionale Krise beispiellosen Ausmaßes" durch. Washington unterstützt Japans Katastropheneinsatz mit mehr als 200.000 Soldaten und anderen Rettungskräften, 160 Maschinen der Luftwaffe und 20 Marineschiffe. Der Einsatz trägt den Namen "Operation Tomodachi" (Operation Freund). Unterdessen konnte am Wochenende der Hafen Sendai erstmals wieder mit dem Verladen von Gütern beginnen. In Brüssel forderte die EU-Kommission Kontrollen von Schiffen aus Japan.

In der Katastrophenregion Miyagi können örtliche Firmen von diesem Montag an bis Juni ihre Industriegüter, vor allem elektronische Komponenten sowie Maschinen, auf Strahlen testen lassen. Danach erhalten sie Prüfzertifikate, die sie ihren Kunden schicken können. Bis Ende des Monats sollen derweil in 13 verwüsteten Gemeinden rund 1.300 Behelfshäuser fertiggestellt sein. Bis Mitte Mai soll mit dem Bau weiterer 10.000 solcher provisorischen Behausungen für die Überlebenden der Katastrophe begonnen werden, berichtete Kyodo.

dpa