Katholische Kirche bittet um Vergebung für Missbrauchsfälle

Katholische Kirche bittet um Vergebung für Missbrauchsfälle
Vor gut einem Jahr wurden am Berliner Canisius-Kolleg erste Fälle von sexuellem Missbrauch bekannt. Der Skandal zog Kreise, in zahllosen weiteren katholischen und evangelischen Einrichtungen wurden in den vergangenen Jahrzehnten Kinder und Jugendliche missbraucht. Ein großer Vertrauensverlust für die Kirchen ist die Folge. Die katholischen Bischöfe baten nun mit einer öffentlichen Geste um Entschuldigung.

Nach einer Prozession knieten sich in einem Gottesdienst alle Bischöfe vor einem gotischen Kreuz nieder. "Wir empfinden tiefe Scham", sagte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch. "Männer der Kirche haben junge Menschen, die ihnen anvertraut waren, missbraucht und ihrem Leben schweren Schaden zugefügt." Allzu oft hätten die Verantwortlichen weggeschaut.

Zollitsch rief die Bischöfe in dem Gottesdienst zum Auftakt ihrer Frühjahrsvollversammlung auf, gemeinsam Gott das Versagen zu bekennen und um seinen Beistand zu bitten. In der verlesenen Fürbitte hieß es: "Wir beten für alle, die durch Vertreter der Kirche oder an anderen Orten Opfer eines Missbrauchs geworden sind: Hilf ihnen, die Verletzungen und Wunden heilen zu lassen, und gib ihnen die Kraft, von neuem zu beginnen."

Diese Schuld könne niemals ungeschehen gemacht werden und auch nicht durch Geld entschädigt werden, sagte Zollitsch anschließend in seiner Predigt. "Es sind nur Zeichen der Reue und die Bitte um Verzeihen möglich", fügte er laut Redetext hinzu. Entscheidend seien jedoch das Erbarmen mit dem Schuldigen und das Verzeihen. Das sei zwar oftmals nicht möglich. Dort, wo Vergebung gewährt werde, ereigne sich jedoch Göttliches.

Kritik an geplanten Entschädigungszahlungen

Die Initiative "Wir sind Kirche" und mehrere Opferverbände ehemaliger Heimkinder hielten Mahnwachen ab und kritisierten den Umgang mit den Missbrauchsskandalen. Wichtiger als Gott um Vergebung zu bitten sei es, die Oper um Verzeihung zu bitten, erklärten sie. Die geplanten Entschädigungen von maximal 5.000 Euro je Opfer halten die Verbände für zu gering. Zudem gebe keinen Rechtsanspruch darauf, kritisierten sie.

Zollitsch verteidigte hingegen die Entschädigungen. Sie seien vor allem ein Zeichen der Anerkennung der Schuld, sagte er vor Beginn der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz. Zudem seien die Richtlinien für den Umgang mit sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche verschärft worden. Auch seien ein Beauftragter für die Missbrauchsfälle ernannt und eine spezielle Hotline eingerichtet worden.

"Keine ökumenische Eiszeit"

Positiv beurteilte Zollitsch den Stand der Ökumene. Es gebe keine ökumenische Eiszeit, sagte er. Die im vergangenen Jahr begonnene Dialoginitiative über Reformen in der katholischen Kirche will Zollitsch fortführen. Das sei ein auf mehrere Jahre angelegter Prozess. Vorrangig solle es um einen geistlichen Prozess, um eine Erneuerung im Geiste Jesu, gehen. Ein weiteres Thema der viertägigen Frühjahrsvollversammlung der 69 Bischöfe und Weihbischöfe aller deutschen Diözesen ist der geplante Deutschland-Besuch von Papst Benedikt XVI. im September.

epd