Schunkeln bis zum Abwinken: 30 Jahre "Musikantenstadl"

Schunkeln bis zum Abwinken: 30 Jahre "Musikantenstadl"
Begonnen hat der Erfolg des "Musikantenstadls" 1981 mit Karl Moik in Österreich. In den vergangenen 30 Jahren verbreitete das Format bodenständige Folklore in alle Welt. An diesem Sonnabend feieren die ARD, der ORF und Gastgeber Andy Borg den "Stadl" mit einer großes Jubiläumsshow.
10.03.2011
Von Cornelia Wystrichowski

Können 800 Millionen Chinesen irren? So viele fernöstliche Freunde der Volksmusik schalteten 1999 ein, als das chinesische Fernsehen das Gastspiel des "Musikantentadls" in Peking übertrug. Als krachlederner Wanderzirkus mit Dirndl und Sepplhut, Blasmusikanten und Heuschoberkulissen zog die von Karl Moik moderierte ARD-Show damals um die Welt: Ob Kanada, Australien, Südafrika, Karibik oder Arabien, nicht einmal in Disneyworld war man vor den fahrenden Musikanten sicher.

Diese Blütezeit ist vorbei, mit 5,18 Millionen ARD-Zuschauern im Durchschnitt ist das einstige Massenphänomen im Fernsehalltag angekommen. Aber zum 30. Geburtstag lassen sich die Freunde des "Stadls" das Schunkeln nicht vermiesen: Am 26. März überträgt das Erste die Jubiläumsausgabe aus dem schweizerischen Fribourg (20.15 Uhr). Es gibt einen Rückblick auf die Highlights aus drei Jahrzehnten und Auftritte von Volkmusikstars wie Hansi Hinterseer und Stefan Mross. 

 

Weltweiter Siegeszug über Moskau

Die große Geburtstagssause wird von Andy Borg moderiert, dessen Vorgänger Karl Moik am 5. März 1981 den ersten "Musikantenstadl" präsentierte. Er, der leidenschaftliche Jazz-Fan, hatte im Programm eine Marktlücke für Volksmusik ausgemacht – zur Premiere trat er mit seinem Dackel Wastl vors Publikum, als erstes dudelte Slavko Avseniks "Trompetenecho".

Die Show lief zunächst nur beim österreichischen Fernsehsender ORF, doch die jodelnde Folkloreschar überrannte den Rest der Welt blitzartig: Ab 1983 lief der "Stadl" bundesweit im Ersten, schon 1988 gab es ein Gastspiel in Moskau mit 245 Millionen Sowjetzuschauern. Gleich nach dem Fall der Mauer, am 17. Dezember 1989, gastierte die Show in Cottbus und beglückte die Menschen im Osten mit ihrer seltsamen Mischung aus Volkmusik, Schlager, leichter Klassik und Holzklotz-Humor.

Insgesamt gab es bislang mehr als 180 Ausgaben der Show, die schon lange mit der Verballhornung als "Mutantenstadl" leben muss: Vom jüngeren Publikum wird die Sendung seit ihrem Anbeginn bestenfalls ignoriert, oft aber als reaktionäre Krawallshow für die "Generation Kukident" verhöhnt, manche Kritiker wittern im "Stadl" gar den Muff des Ewiggestrigen.

 

Eher wohlwollend und gewohnt ironisch begegnete dagegen Harald Schmidt dem Brauchtums-Kult – bei seinem Auftritt in der Show sang er das Volkslied "Auf der schwäbischen Eisenbahn" und dirigierte beim Refrain "Trulla, trulla, trullala" das Publikum. Die Menge machte begeistert mit – "Stadl"-Fans sind es gewohnt, dass sie unentwegt zum Schunkeln und Schenkelklopfen animiert werden. Einst sorgte Karls Moiks Kabbeleien mit seinem Sidekick "Hias" für Laune, und wenn sein Nachfolger als Moderator, der 50-jährige Schlagersänger Andy Borg, heute im Dirndl durch die Zuschauerreihen tanzt oder ins Schlumpfkostüm schlüpft, haut er in dieselbe Kerbe derben Humors.

Moik wurde abserviert

Unterhaltungschefin Annette Siebenbürger vom Bayrischen Rundfunk preist das Treiben als "Heile-Welt-Pflaster in einer schnelllebigen, nicht immer einfachen Zeit." Allerdings zeigte die Fassade von Heile Welt und Volkstümlichkeit, feschen Madln und sauberen Buam, oft Risse. 2004 etwa sorgte eine RTL-Reportage für Aufregung, in der es darum ging, dass hinter den Kulissen der Show offenbar gekokst wurde – woraufhin böse Zungen prompt lästerten, dass man das Spektakel wohl nur unter Drogen ertragen könne.

Für Schlagzeilen sorgte aber vor allem der unrühmliche Abgang des langjährigen Königs der Volksmusik: Karl Moik moderierte die von ihm erfundene Show, bis er 2005 abserviert wurde – auf respektlose Art, wie er schimpfte. Seit damals habe ihn der zuständige ORF komplett ignoriert, klagt der 72-Jährige, man habe ihn "links liegengelassen wie ein dreckiges Tuch". Der fast dreistündigen Jubiläumsausgabe will Moik denn auch fern bleiben. 


Cornelia Wystrichowski ist freie Journalistin in Berlin