Golgatha ist keine Zahncreme: Glaubenskurse für Erwachsene

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Golgatha ist keine Zahncreme: Glaubenskurse für Erwachsene
Menschen, die ihrem Christsein zögerlich, skeptisch oder kritisch gegenüberstehen, sollen wieder Lust auf Gott bekommen. Sowohl in England als auch in Deutschland werben die evangelischen Kirchen deshalb in ihren Glaubenskursen mit guten Gesprächen - und einem Imbiss.
21.01.2011
Von Martina Schwager

Peter Bernhardt (41) war das Christsein quasi in die Wiege gelegt: Er ist in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen, wurde konfirmiert und hat in der kirchlichen Jugendarbeit in Hameln mitgemacht. Trotzdem kamen ihm als junger Mann Zweifel: "Ich habe gemerkt, mein kindlicher Glaube an Jesus als Supermann und Gott als Alleskönner greift nicht mehr so richtig." Ein Glaubenskurs für Erwachsene gab ihm damals das richtige "Werkzeug" in die Hand, erzählt er.

Solche Kurse sollen bundesweit künftig verstärkt angeboten werden. Eine entsprechende Initiative wird zum Beispiel für die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers an diesem Samstag in der Osnabrücker Marienkirche eröffnet. "In dem Kurs habe ich gelernt, wie ich mit dem Glauben leben kann", sagt der Heilpädagoge Bernhardt. "Das ist wie mit einem Hammer. Den muss ich ja auch erst praktisch ausprobieren, bevor ich damit umgehen kann."

Glaubenskurse sollen erwachsenen Menschen Halt und Orientierung im christlichen Glauben bieten, sagt der Osnabrücker evangelische Regionalbischof Burghard Krause. Sie sollen diejenigen, die zögerlich, skeptisch und kritisch sind, an das Christsein heranführen. Krause ist Autor eines der ersten und erfolgreichsten Glaubenskurses in Deutschland. "Viele Menschen haben in einer Gesellschaft, die immer mehr verschiedene religiöse und weltanschauliche Lebensmodelle bietet, die Qual der Wahl", sagt er. In diesem Markt der unbegrenzten Möglichkeiten müsse die Kirche Profil zeigen.

"Religiöser Analphabetismus" ist die Realität

Deshalb hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) die Initiative "erwachsen glauben - Kurse zum Glauben" ins Leben gerufen. In Vorträgen, Diskussionen und einer Börse werden verschiedene Formen von Glaubenskursen vorgestellt. In den Kursen müsse es vor allem um Wissensvermittlung gehen, sagt Krause: Denn es sei nicht mehr selbstverständlich, dass jeder die Grundbegriffe des Christentums und die wichtigsten Geschichten der Bibel kenne: "Es gibt Menschen, die Golgatha für eine Zahncreme und das Goldene Kalb für einen Filmpreis halten."

Auch dem anglikanischen Bischof Nick Baines aus London ist "religiöser Analphabetismus" nicht fremd. "Es ist furchtbar, aber es ist die Realität." In England habe die Kirche mit demselben Phänomen zu kämpfen. Es komme auch für sie darauf an, sich dieser neuen Herausforderung zu stellen, betont er: "Wir müssen die Menschen abholen mit ihren Fragen, Vorurteilen und Missverständnissen." Baines ist Mitglied einer gemeinsamen Konferenz der EKD und der anglikanischen Kirche, die sich mit solchen Fragen beschäftigt.

Vor gut 20 Jahren hat sich Baines als Pastor einer ländlichen Gemeinde erstmals mit religiösen Kurzvorträgen in eine Kneipe getraut. Daraus ist das Erfolgsmodell der "Glaubenskurse im Pub" entstanden. "Wir müssen dahin gehen, wo die Menschen sich aufhalten. Wir müssen eine Sprache sprechen, die die Menschen tatsächlich verstehen", sagt der Bischof. "Und es muss immer etwas zu essen und zu trinken geben." Baines ist in England mittlerweile einer der populärsten Bischöfe.

"Menschen Lust auf Gott machen"

Auch Burghard Krause liegt eine angenehme, warme und ungezwungene Atmosphäre in seinen Glaubenskursen am Herzen. Es gibt immer einen Imbiss, Getränke und Musik, Kurzreferate und Gesprächsrunden in kleinen Gruppen. "Wir wollen Menschen Lust auf Gott machen." Wenn es nach ihm geht, sollten Glaubenskurse künftig neben Gottesdienst und Konfirmandenunterricht in möglichst vielen Gemeinden zum regelmäßigen Angebot gehören. Erstmals wird er im September einen Kurs für die gesamte Stadt Osnabrück unter dem Titel "Reise ins Land des Glaubens" anbieten.

Peter Bernhard hat für sich herausgefunden, dass der christliche Glaube "mein Ding ist". Er engagiert sich deshalb in einer Kirchengemeinde in seiner heutigen Heimatstadt Osnabrück. Dennoch oder gerade deshalb besucht er im Abstand von mehreren Jahren immer mal wieder einen Glaubenskurs: "Es mir wichtig, dass ich mich hin und wieder auf die Grundlagen konzentriere und mir selbst klar werde, was ich eigentlich glaube."

epd