Bundespolizei und BKA sollen zusammengelegt werden

Bundespolizei und BKA sollen zusammengelegt werden
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) prüft die Zusammenlegung von Bundespolizei und Bundeskriminalamt in einer neuen Behörde. "Aus den Polizeien des Bundes eine Polizei des Bundes zu machen, finde ich überzeugend, bedenkenswert und verfolgenswert", sagte er am Donnerstag in Berlin.

Bei SPD, CSU, den Grünen sowie bei den Gewerkschaften stoßen die Überlegungen auf große Kritik.De Maizière kündigte für das Frühjahr eine Entscheidung über den Behördenzuschnitt und einen Zeitplan für die Reform an. "Wenn man so etwas macht (...), dann würde ich für eine schnelle Organisationsreform im Laufe dieser Legislaturperiode plädieren", sagte er. Ein "deutsches FBI" hält er aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht für machbar. Die US-Bundespolizei FBI (Federal Bureau of Investigation) habe ein Durchgriffsrecht bis auf die kommunale Ebene. De Maizière will das Grundgesetz aber nicht ändern.

Die Zusammenlegung ist ein Vorschlag einer Expertenkommission unter dem früheren Verfassungsschutz-Präsidenten Eckart Werthebach, die im April dieses Jahres eingesetzt wurde. Laut Koalitionsvertrag sollten die Strukturen von Bundespolizei, Zoll und Bundeskriminalamt (BKA) vor dem Hintergrund leerer Kassen überprüfen werden. Die Arbeit der vom Innenminister eingesetzten Kommission stand aber auch unter dem Eindruck der gestiegenen Terrorgefahr in diesem Herbst.

De Maizière: Es geht um mehr Sicherheit

Der Zoll, der beim Bundesfinanzministerium angesiedelt ist, soll nicht Teil der neuen Polizeibehörde auf Bundesebene werden. Offen ließ de Maizière die Auswirkungen der Reform auf die Stellenzahl. "Das Ziel besteht nicht darin, Stellen abzubauen", sagte er. Es gehe um mehr Sicherheit. Die Standorte sollten im Wesentlichen erhalten bleiben. Wo die Zentrale einer neuen Polizei des Bundes angesiedelt werden soll, ließ de Maizière ebenfalls offen.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) äußerte scharfe Kritik: "Ich lehne eine Zusammenlegung von Bundespolizei und BKA strikt ab." Er sieht bei den Überlegungen auch verfassungsrechtliche Fragen der Zusammenarbeit von Bund und Ländern berührt. "Die Priorität der Polizeiarbeit liegt nach dem Grundgesetz ganz klar bei den Ländern", betonte er. Es gebe lediglich einige Spezialthemen, für die der Bund zuständig sei. "Die Schaffung einer Mammut-Bundespolizei würde diese sehr sorgfältig austarierte Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern massiv stören." Die Experten-Vorschläge müssten deshalb aus verfassungsrechtlicher Sicht ganz genau geprüft werden. Für eine kurzfristige Umsetzung der Reformüberlegungen noch in dieser Legislaturperiode sieht Herrmann deshalb ohnehin "keine Möglichkeit".

Einwand: BKA soll sich um Terorbekämpfung kümmern

Herrmann warnte zudem davor, in Zeiten von Terrorwarnungen eine so große Umstrukturierung in Angriff zu nehmen. "Es ist sicherheitspolitisch höchst brisant, in einer Situation, in der das BKA sich in erster Linie um die Terrorbekämpfung kümmern soll, größere Kapazitäten in einer solchen Umorganisation zu binden", sagte der CSU-Politiker. Eine Stärkung der Polizei im Kampf gegen den Terror würde eine Verschmelzung aus seiner Sicht ohnehin nicht bedeuten: "Wenn man einen Metzger und einen Bäcker zusammenlegt, heißt das noch lange nicht, dass dann die Wurstbrote besser werden."

Das Bundeskriminalamt (BKA) und die Bundespolizei seien jeweils nur für wenige ausgewählte Bereiche zuständig, das BKA etwa für den Terrorismus und die Bundespolizei für den Bahn- und Flugverkehr. "Die Zusammenfassung unter einem Dach erweckt den falschen Eindruck einer umfassend tätigen Bundespolizei, die neben den Länderpolizeien das Feld der Kriminalitätsbekämpfung abdecken würde", betonte Körting. "Das ist nicht nur Etikettenschwindel, sondern auch nicht gewollt."

"Falscher Traum einer Zentralpolizei"

Auch Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) zeigte sich "zutiefst skeptisch". "Es handelt sich um den falschen Traum einer Zentralpolizei, die weniger Sicherheit zur Folge hätte." Der Berliner Innensenator kritisierte weiter, eine umfassende Bundespolizei wäre eben nicht vor Ort tätig wie die Polizei in den Bundesländern, sondern würde zu ihnen in "zentralistischer Konkurrenz" stehen. "Daraus ergeben sich Reibungsverluste, die zu weniger Sicherheit führen als bei der heutigen polizeilichen Zuständigkeit der Länderpolizeien und wenigen Spezialzuständigkeiten von Bundespolizei und BKA."

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sprach sich im "Handelsblatt Online" strikt gegen eine rasche Zusammenlegung aus. Kommissionschef Werthebach hält die Reform aber für wichtig, damit es keine konkurrierenden Sonderpolizeien des Bundes gibt, die das BKA als Zentralstelle der Polizei schwächen können. Bei der Reform gehe es vielmehr darum, das BKA zu stärken.

Luftsicherheit in den Händen der Bundespolizei

Für die Luftfrachtkontrolle sollte nach dem Vorschlag der Kommission nur die Bundespolizei zuständig sein. Das Gremium gab damit eine andere Empfehlung als am Vortag ein Arbeitsstab der Regierung. "Wir sind der Auffassung, dass die Zuständigkeitsvielfalt in der Luftsicherheit pannenträchtig ist und zu Informationsdefiziten führt", argumentierte Werthebach. Der Innenminister hat andere Pläne: "Die ganze Sicherheit am Flughafen geht über in die Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums." Beim Verkehrsministerium bleibe die verwaltende Tätigkeit zur Prüfung einer sicheren Fracht-Lieferkette.

Im Oktober war eine im Jemen aufgegebene Paketbombe auf dem Flughafen Köln/Bonn für den Weiterflug umgeladen und erst in Großbritannien entdeckt worden. Anfang November wurde im Kanzleramt eine Paketbombe aus Griechenland entschärft, die an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) adressiert war.

dpa